„Die große Koalition ist in der Gefahr, einen revisionistischen Kurs in der Erinnerungs- und Gedenkstättenpolitik einzuschlagen. Im Koalitionsvertrag wird erklärt, die Deutschen in Osteuropa seien diejenigen, bei denen „das Kriegsfolgenschicksal am längsten nachwirkt“, gerade als litten die Opfer des deutschen Angriffskrieges nicht heute noch unter den Wirkungen der faschistischen Verbrechen. Wenn der neue Kulturstaatsminister Bernd Neumann nun erklärt, er wolle die Gedenkstättenkonzeption des Bundes „fortschreiben und auch überprüfen“, lässt das vor diesem Hintergrund nicht unbedingt Gutes ahnen. Doch ein Konzept, die Deutschen zum eigentlichen „Opfervolk“ zu machen, ist zum Scheitern verurteilt.
Genau dies aber verfolgte ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion in der letzten Legislaturperiode, an dem Bernd Neumann maßgeblich mitgewirkt hat. Darin sollte alles auf einmal geehrt bzw. betrauert werden: die Opfer des Nationalsozialismus, der Vertreibungen, der alliierten Luftangriffe, der SED-Herrschaft. Wer ein „Mahnmal für die Bombenopfer des alliierten Luftkrieges“ fordert und damit die Opfer der faschistischen Verbrechen und die Opfer der alliierten Luftangriffe gleichermaßen ehren will, betreibt die Einebnung von Geschichte und verwischt jegliche Unterschiede, jegliche Zusammenhänge. Wir weisen nur darauf hin, dass zu den „Opfern des alliierten Luftkrieges“ auch Roland Freisler gehörte.
DIE LINKE. wird sehr genau darauf achten, inwieweit Intentionen und Inhalt dieses Unions-Antrages nun die Politik der neuen Bundesregierung und ihres Kulturstaatsministers prägen, und, wenn notwendig, parlamentarisch und außerparlamentarisch Widerstand dagegen leisten. Wir werden nicht zulassen, dass der regierungsoffizielle Umgang mit der Geschichte etwa die Insassen faschistischer Konzentrationslager und sowjetischer Internierungslager gleichermaßen zu Opfern von Gewaltherrschaft macht, wie es die Union in besagtem Antrag versucht hat. Dass in den Internierungslagern auch Unschuldige gelitten haben, darf nicht dazu führen, die dort inhaftierten Kriegsverbrecher mit ihren früheren Opfern gleichzustellen.“