Die geheime Unterstützung, die der Bundesnachrichtendienst (BND) den USA im Krieg gegen den Irak geleistet hat, wird jetzt Thema eines Untersuchungsausschusses des Bundestags. Nachdem die Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums am Montag keine Klarheit bringen konnte, schloß sich auch die FDP der Forderung der Linksfraktion an, einen Untersuchungsausschuß einzurichten. Dieser wird nun von allen drei Oppositionsparteien gefordert, womit das nötige Quorum von 25 Prozent der Abgeordneten erreicht ist.
Die Abwehrfront, die Regierungssprecher Ulrich Wilhelm gegen Berichte der New York Times (NYT) aufgebaut hat, wird immer löcheriger. Die Zeitung hatte ausführlich über die deutsche Kriegshilfe berichtet und aus einer geheimen Studie des US-Militärs zitiert. Darin heißt es u. a., der BND habe dem US-Hauptquartier den irakischen Verteidigungsplan zugespielt. Wilhelm legte Wert auf die Feststellung, die beiden BND-Agenten, die während des Irak-Krieges von Februar bis Mai 2003 in Bagdad eingesetzt waren, hätten diesen Plan nicht an die USA übermittelt. Diese Formulierung löste Spekulationen aus, ob es andere Übertragungswege gegeben habe. Denn mittlerweile ist bekannt, daß ein dritter, bei Kriegsbeginn aus Bagdad abgezogener BND-Mitarbeiter, über hervorragende Kontakte zum irakischen Geheimdienst verfügte. Dessen Chef, Generalleutnant Jahair Talil Habbusch, hatte dem BND schon im Januar 2002 angeboten, die Kontakte beider Geheimdienste auszubauen.
Klar ist, daß der Bericht der NYT keineswegs frei erfunden ist, wie die Bundesregierung zunächst weismachen wollte. Bei der US-Militärstudie handelt es sich, so berichtete der Spiegel, um ein »Lehrbuch für amerikanische Offiziere, in dem der Sieg der amerikanischen Truppen im Irak militärtaktisch analysiert wird«.
In den nächsten Tagen werden die drei Oppositionsfraktionen die Fragestellung des Untersuchungsausschusses absprechen. Die Linksfraktion fordert schon seit Wochen einen umfassenden Untersuchungsauftrag, der nicht nur klären soll, ob der BND sich verselbständigt hat, sondern auch die politische Verantwortung für diesen Einsatz thematisiert. Außerdem sollen auch die Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled Al Masri, die Tätigkeiten deutscher Ermittler in syrischen Folterknästen und Guantánamo sowie die Affäre um die CIA-Flüge untersucht werden.
Aus: junge welt vom 07. März 2006