Pressemitteilung: Arbeitsbeschaffung fürs Verfassungsgericht

Die große Mehrheit der Experten hat in der gestrigen Anhörung dargelegt, dass es keinerlei sachliche Argumente für eine Verlagerung des Versammlungsrechts auf die Länderebene gebe. Dieser Teil der Reform diene lediglich dazu, Verluste von Kompetenzen der Länder an anderer Stelle zu kompensieren.
Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut unserer Verfassung. Es geht hier um ein wesentliches Grundrecht. Warum dies auf Bundesebene geregelt werden muss, wurde gestern überzeugend dargelegt. Wenn das Versammlungsrecht von den Ländern gemacht wird, droht ein Wettbewerb um die unattraktivsten Bedingungen für Demonstrationen. Je restriktiver die Regeln, unter denen demonstriert werden darf, desto weniger wollen bei uns demonstrieren – so das mögliche Kalkül der Landesinnenminister. Noch mehr als bislang schon wird es also zu rechtlichen Einschränkungen kommen, die weit über die bisherige Auflagenpraxis hinausgehen.

Aber auch auf materieller Ebene droht eine Aushöhlung des Demonstrationsrechts: So hat das Land Sachsen schon mehrmals gefordert, die Kosten für Demonstrationen von den Anmeldern tragen zu lassen. Doch was ist ein Grundrecht wert, für das man zahlen muss? Solche Fragen, das ist jetzt schon klar, wird das Bundesverfassungsgericht klären müssen. Dieser Teil der Reform wird also zu einer großen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für das Bundesverfassungsgericht. Bis das dann alle Fragen geklärt hat, werden Jahre ins Land gehen. Bis dahin wird dieses Grundrecht irreparabel beschädigt sein.

PE_060518_Demorecht.pdf