In der Berliner Zeitung vom Freitag ließ Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekanntgeben, er unterstütze das von den Unternehmerverbänden angeregte Vorhaben. »Der Minister denkt, daß die Anforderungen gesenkt werden sollten, um die Arbeitsaufnahme für Hochqualifizierte und Selbständige zu erleichtern«, sagte eine Sprecherin des Ministeriums der Zeitung. Das Innenministerium schlage in seinem Bericht zum Zuwanderungsgesetz Änderungen vor, allerdings nur für junge Ausländer. Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, erklärte, die derzeitigen Bestimmungen im Zuwanderungsgesetz seien »zu restriktiv und zu bürokratisch«.
Derzeit gibt es selbst für die genannte Gruppe kein attraktives Angebot– was die Wirtschaft seit geraumer Zeit beklagt. Seinerzeit hatten die Unionsparteien während der Verhandlungen um das Zuwanderungsgesetz im Bundesrat das von der Süßmuth-Kommission vorgeschlagene Punktesystem für die Zuwanderung gut Qualifizierter strikt abgelehnt. Das seit 1. Januar 2005 geltende Gesetz hat sich mittlerweile als reine Abwehrmaßnahme erwiesen. Dies hat auch Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU) erkannt. Er verlangte am Donnerstag in der Neuen Osnabrücker Zeitung ebenfalls eine Lockerung des Regelwerks. »Die Bedingungen sind zu streng«, sagte Laschet. Die »Eliten der Welt« kämen nicht in die Bundesrepublik, so der Minister. Ein neues Nachdenken über ein Punktesystem, mit dem Qualifikation, Berufserfahrung und Sprachkenntnisse der Einwanderungsbewerber bewertet werden, forderte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig Georg Braun.
Die Wirtschaftsverbände kritisieren auch die Vorschrift, daß ein Ausländer, der in die BRD einwandern will, um sich selbständig zu machen, mindestens eine Million Euro investieren und zehn Arbeitsplätze schaffen muß. Dazu Minister Laschet: »Kein Absolvent welcher Elite-Uni auch immer erfüllt diese Kriterien.« Von der Wirkung her kommt die Regelung einem Einwanderungsverbot für Selbständige gleich. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) hatte auf diese Vorschrift bei den Verhandlungen um das Zuwanderungsgesetz größten Wert gelegt. Sonst, so seine Argumentation, könne ja jeder Dahergelaufene eine Dönerbude aufmachen, als Selbständiger ein Recht auf Zuwanderung geltend machen und dann auch noch per Familiennachzug seine ganze Sippe anschleppen.
Das Bundesinnenministerium schlägt nun vor, wenigstens das Mindesteinkommen, das ausländische Spezialisten haben müssen, um ein Daueraufenthaltsrecht zu bekommen, auf 64000 Euro jährlich abzusenken. Derzeit müssen sie mindestens 84000 Euro brutto verdienen, um bleiben zu dürfen. Im Jahr 2005 konnten laut Bundesarbeitsministerium ganze 900 Menschen von dieser Regelung profitieren. Ein Jahr zuvor waren noch 2300 IT-Fachleute eingereist.
Die aktuelle Debatte zeigt, daß es eine Chance auf eine Abschaffung unsinniger Vorschriften des Zuwanderungsgesetzes gibt – sofern dies im Interesse der Unternehmen ist.