Vordergründig werden die Vorhaben mit erhöhter Sicherheit legitimiert. In der aktuellen, vom Fraunhofer-Institut mitherausgegebenen Zeitschrift Futur wird ein Projekt beschrieben, das darauf beruht, Arbeitsplätze komplett einzuscannen – sowohl Arbeitsmittel wie auch die Beschäftigten: »Da sich Werkzeuge, Werkstücke oder Menschen (z. B. Arme, Hände) in dreidimensionalen Arbeitsräumen bewegen, können diese Objekte zu jedem bestimmten Zeitpunkt durch ihre 3D-Beschreibung erfaßt werden.« Das – unbemannte – Überwachungssystem kann das »Bewegungsmuster in zulässige und nicht zulässige« Bewegungen klassifizieren. Wenn der Arm von Frau Müller an einem Ort ist, an dem er nicht hingehört, wird Alarm ausgelöst. Das mag bei gefährlichen Produktionsgängen sogar sinnvoll sein, ermöglicht aber auch die Entdeckung heimlicher Zigarettenpausen und die Rundumkontrolle von Beschäftigten.
Die internationale Gewerkschaftsorganisation »Union Network International« hat eine Broschüre über »Elektronische Überwachung und Kontrolle am Arbeitsplatz« erstellt, in der verschiedene Formen aktueller und möglicher Überwachungsmethoden vorgestellt werden.
– RFID: Die Funkchips können in Form von Etiketten in Uniformen oder Namensschildern angebracht bzw. eingewoben werden, so daß sich der Aufenthaltsort von Beschäftigten im Betrieb jederzeit orten läßt.– Biometrie und Implantate: Das US-Unternehmen Applied Digital produziert RFID-Chips zum Implantieren unter die Haut. Der Chip sendet Signale aus, die von Lesegeräten erfaßt werden. Der Verwendungszweck reicht von der Speicherung medizinischer Daten für den Notfall bis zur Berechtigung, gesicherte Räume zu betreten. Der Chip ermöglicht so prinzipiell die genaue Ortung von Personen.
– Tragbare Computer und Voice-Technologie: Das Personal trägt Computer am Handgelenk und Scanner am Zeigefinger, die den Weg vorgeben. Über Kopfhörer erteilt eine Computerstimme Anweisungen. Ist in Großbritannien bereits bei Lagerarbeitern Realität.
– Ortung über Mobiltelefon: Die ständige Ortung mittels Navigationssystem (GPS) und Handy wird bei Geldtransporten und anderen mobil eingesetzten Arbeitskräften vorgenommen. Sie kann den Arbeitsdruck erhöhen und – inoffiziell – zur Grundlage für Disziplinarmaßnahmen oder Beförderungen gemacht werden.
– Internetznutzung und Tastaturkontrolle: Vor allem in den USA ist elektronische Überwachung weit verbreitet. 76 Prozent der Unternehmer kontrollieren, welche Internetseiten die Beschäftigten aufrufen; über die Hälfte speichern und kontrollieren die E-mails. Ein Drittel erfaßt auch, wie viele Anschläge die Beschäftigen auf der Tastatur schaffen.
– Überwachung von Telefongesprächen: Auch hier sind die USA führend, wo bereits die Hälfte der Firmen die Telefongespräche der Mitarbeiter aufzeichnet. In Callcentern ist die Methode Standard.
Artikel erschienen in junge Welt vom 28. 9. 06
Die Broschüre ist im Internet abrufbar.