Die EU will Killerspiele und Gewaltvideos verbieten und ihre Außengrenzen gegen Flüchtlinge noch stärker militärisch absichern. Darauf verständigten sich die Justiz- und Innenminister der 27 EU-Staaten auf ihrem am gestrigen Dienstag zu Ende gegangenen Treffen in Dresden.
Alle auf nationaler Ebene verbotenen Gewaltspiele sollen an eine zentrale EU-Stelle gemeldet und so eine schwarze Liste erstellt werden, teilte ein Sprecher nach Abschluß der Konferenz mit. »Bei labilen Personen besteht die Gefahr, daß sie virtuell erlebte Tötungserfahrungen auf die reale Welt übertragen«, erklärte dazu der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU), der sich als Vertreter der Bundesländer mit der Forderung nicht durchsetzen konnte, auch Spiele im Internet zu verbieten. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) wies dies als technisch nicht machbar zurück.
Während mehrere Dutzend Mitglieder antirassistischer Gruppen vor dem streng bewachten Dresdner Kongreßzentrum »Bleiberecht für alle und überall« forderten, diskutierte die Ministerrunde über die Abwehr angeblich im Sommer drohender »Flüchtlingsströme« an den Süd- und Ostgrenzen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und EU-Justizkommissar Franco Frattini forderten von allen EU-Staaten bis Ende März konkrete Zusagen für die Aufrüstung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex mit Hubschraubern, Schiffen und Personal. Gleichzeitig will die EU im Rahmen von Partnerschaftsabkommen einer begrenzten Anzahl von Personen einen zeitlich befristeten Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt ermöglichen. So hoffen die EU-Minister offenbar, die Zuwanderung gewünschter »Gastarbeiter« zu kanalisieren und gleichzeitig deren Herkunftsstaaten und Transitstaaten in die Bekämpfung der illegalen Einwanderung einzubinden. Frattini hielt Pilotprojekte mit afrikanischen Ländern wie Mali, Senegal oder Gambia für denkbar.
Auf der von ihm geleiteten Konferenz konnte sich Schäuble mit der Forderung durchsetzen, den bislang von sieben EU-Staaten unterzeichneten Vertrag von Prüm über Datenaustausch zur grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit in europäisches Recht zu überführen. Durch diese weitgehende Aushebelung des Datenschutzes können Polizeistellen bei Großereignissen wie G-8-oder EU-Gipfel beispielsweise auf DNA- oder Fingerabdruckdateien und Fahrzeugregister anderer EU-Staaten zugreifen.
Zuerst erschienen in: junge Welt vom 17.01.2007