Mit drastischen Worten hat die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, am Montag das Vordringen des Rechtsextremismus beschrieben. Sie fühle sich in ihrer Auffassung bestätigt, daß »die gegenwärtige Situation an die Zeit der Machtergreifung Adolf Hitlers im Jahre 1933« erinnere, sagte sie der Nachrichtenagentur ddp. Der Politik warf sie mangelnden Einsatz im Kampf gegen die »schockierend hohe Zahl« rechtsextremistischer Straftaten vor. Knobloch forderte, Projekte gegen Rechtextremismus müßten stärker und langfristiger finanziert werden. Die Diskussion über ein NPD-Verbotsverfahren solle noch einmal aufgerollt werden: »Es kann nicht angehen, daß diese Partei jährlich Gelder aus der staatlichen Parteienfinanzierung kassiert, während an anderer Stelle die Mittel für Projekte gegen Rechtsextremismus knapp sind.«
Auch der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Sebastian Edathy (SPD), bezeichnete die NPD als eine Partei, der »die Verfassungswidrigkeit auf der Stirn steht«. Deshalb würden die Chancen eines neuerlichen NPD-Verbotsantrags in seiner Fraktion »intensiv geprüft«, sagte er am Montag in einem ddp-Interview. Man könne aber bei schlechten Erfolgschancen auch nicht »sehenden Auges in ein aussichtsloses Verfahren gehen«, meinte er. Edathy erinnerte daran, daß die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten 2006 um knapp acht Prozent auf rund 1100 zugenommen hat. Trotz dieser Tatsache seien »leider immer noch Stimmen zu vernehmen, die eher einer Verharmlosung des Problems Vorschub leisten«. Daß es die Bundesregierung selbst war, die jahrelang das Problem kleingeredet hat, erwähnte Edathy nicht. Nur durch beharrliches Insistieren von linken Abgeordneten sind die statistischen Kriterien dahingehend neu gefaßt worden, daß die veröffentlichten Zahlen ein einigermaßen realitätsgetreues Bild der rechtsextremistischen Straftaten abgeben, obwohl die Dunkelziffer noch immer hoch ist. Edathy forderte, daß »demokratische Parteien weder auf dem Rücken von Minderheiten Wahlkämpfe führen noch zum Stichwortnehmer von Rechtsextremisten werden dürfen«. Vielleicht ist dies ein dezenter Hinweis auch an die eigenen Genossen.
Die CSU besetzt seit Jahrzehnten offen Rechtsaußen-Positionen. Erst am Montag erklärte der bayrische Innenminister Günther Beckstein, die Union müsse sich »auch um die demokratische Rechte« endlich wieder stärker bemühen. Dagegen warnte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, kürzlich vor einem weiteren Vordringen des Rechtsextremismus »in die bürgerliche Mitte«. Die einzig wirksame Strategie gegen rechts sieht er darin, »Politikfelder, aus denen sich Parteien und Gewerkschaften immer stärker zurückgezogen haben, neu zu erobern«. Dies sei vor allem die Jugendarbeit, aber auch die Beratungs- und Hilfstätigkeit für alte Menschen, sozial Schwache und für diejenigen, »die im Wettbewerb um Ausbildung und Arbeit nicht konkurrenzfähig sind«.