Dieser autoritären Tradition entsprechen auch die gewählten Vorbilder. Der Anschlag der Offiziere des 20. Juli war kein „Aufstand des Gewissens“, sondern Ausdruck einer Krise des Nazifaschismus. Die gleichen Offiziere, die 1933 begeistert die Vernichtung der Republik und den Aufbau eines Mord- und Terrorsystems begrüßt haben, wandten sich ab, als ihnen klar wurde, dass die gemeinsame Geschäftsgrundlage mit Hitler von den Armeen der Alliierten überrollt wurde.
Es ist zu begrüßen, dass diese Offiziere überhaupt einmal zu dem Entschluss kamen, Hitler zu töten – aber das darf nicht über ihre verbrecherische Vorgeschichte in den vorangegangenen elf Jahren NS-Tyrannei hinwegtäuschen. Vorbildfunktion können sie kaum für sich beanspruchen.
Fernab der Feierstunden spielt die Wehrmacht in der Traditionspolitik der Bundeswehr nach wie vor eine große Rolle. Das zeigt sich in zahlreichen Kasernennamen, in Bestrebungen, den Naziflieger Werner Mölders wieder salonfähig zu machen, und in der Zusammenarbeit mit rechtsgestrickten Traditionsverbänden, die nicht über die Verbrechen der Wehrmacht reden, sondern über deren angebliche Heldentaten.
Die Rekruten geloben heute, „Recht und Freiheit des deutschen Volkes“ zu verteidigen. Tatsächlich wird die Bundeswehr immer stärker zu einer Angriffsarmee mit weltweitem Anspruch umgebaut. Weder dies noch der Inlandseinsatz jüngst beim G8-Gipfel hat etwas mit „Recht und Freiheit“ zu tun. Die jungen Rekruten werden praktisch zum Meineid angehalten.
Zurück aus dem Ausland, und dringeblieben in den Kasernen – das ist die einzig richtige Parole, und zwar an allen Tagen des Jahres!