Grundstücksgeschäfte werden vor allem bei der NPD gezielt strategisch eingesetzt. In der Antwort der Bundesregierung vom 29. November 2006 auf eine Kleine Anfrage der Linsfraktion (BT-Drucksache 16/3706) wurde mitgeteilt, es seien rund 20 solcher Immobilien bekannt. Im Laufe eines halben Jahres hat sich diese Zahl also um über ein Viertel erhöht.
Dafür gibt es mehrere Gründe: Sobald die extreme Rechte auf eigene Räume zurückgreifen kann, braucht sie keine öffentlichen oder privaten anzumieten. Außerdem geht es der NPD um die sichtbare Präsenz in bestimmten Orten. Ferner handeln Hausbesitzer und Neonazis immer öfter Hand in Hand, um die Hauspreise in die Höhe zu treiben. Diese Taktik wurde jetzt von der IMK-Arbeitsgruppe bestätigt. Beabsichtigte Grundstückskäufe von Rechtsextremisten führen dazu, daß betroffene Kommunen die Immobilie selbst erwerben, um die Einnistung der Neonazis an ihrem Ort zu verhindern. Das führt nicht selten zur Erhöhung des Kaufpreises, da die Verkäufer wissen, daß auf den Kommunen ein erheblicher öffentlicher Druck lastet.
Der IMK-Bericht spricht von »Scheinkäufen« und nennt 15 Fälle, bei denen der Verdacht besteht, daß die Veräußerung nur vorgetäuscht war. »Der vermeintliche Kaufinteressent kann dann an dem erhöhten Kaufpreis in Form einer ›Vermittlerprovision‹ partizipieren«, schreibt die IMK-Arbeitsgruppe. »Auf einer rechtsextremistischen Internetseite wird das Vorgaukeln des Kaufinteresses an nicht oder nur schlecht verkäuflichen Objekten daher als zukunftsträchtige Geschäftsidee beschrieben. Der Kreisverband Jena der NPD bietet im Internet die ›Vermittlung‹ bei Immobiliengeschäften gegen Zahlung einer ›Parteispende‹ an.« Das bedeutet: Kommunen werden gezielt getäuscht und leisten mit der Zahlung überhöhter Grundstückspreise unfreiwillig einen Beitrag zur Finanzierung der NPD.
Im Zusammenhang mit dem Erwerb von Immobilien tauchte in der Vergangenheit immer wieder die »Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Limited« auf, benannt nach einem ehemaligen SS-Angehörigen aus Bremen, dessen Vermögen nach seinem Tod 2002 laut IMK-Bericht auf den rechtsextremistischen Multifunktionär Jürgen Rieger übergegangen sein dürfte. Der Hamburger Rechtsanwalt erwarb für diese Gesellschaft im niedersächsischen Dörverden den »Heisenhof« und im thüringischen Pößneck das »Schützenhaus«. Am 29. August 2006 wurde die in London ansässige Gesellschaft wegen Verstößen gegen Berichtspflichten aus dem britischen Handelsregister gelöscht. Rieger gründete daraufhin die fast namensgleiche »Wilhelm-Tietjen-Stiftung Ltd.«. Seither sind die Eigentumsverhältnisse an den genannten Grundstücken unklar. Schon zuvor diente die Immobilie in Pößneck jedoch als Schauplatz des größten Konzerts der extremen Rechten in Thüringen. Es fand 2005 mit mehr als 1500 Neonazis im Anschluß an einen Landesparteitag der NPD statt.
Ein großer Teil der von Neonazis gekauften Grundstücke liegt in strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands, so daß die Kaupfpreise niedrig sind. Das erwähnte Objekt in Pößneck, immerhin mehrere hundert Quadratmeter groß, soll für zirka 300000 Euro an Jürgen Rieger gegangen sein.
Der jüngste bekanntgewordene Deal betrifft ein 20 Hektar großes Gelände in Brandenburg. Die Ehefrau des NPD-Kaders Andreas Molau soll das Grundstück in Rauen für 200000 Euro erworben haben.
Zuerst erschienen in: junge Welt vom 04.08.2007