Eine Verbesserung der Situation der »Illegalisierten«, also der Menschen ohne Aufenthaltsrecht oder ohne Duldung, ist in weite Ferne gerückt. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD von 2005 war wenigstens als erster kleiner Schritt eine Überprüfung von Übermittlungspflichten vereinbart worden, da Menschen ohne Papiere beim Umgang mit öffentlichen Stellen eine Meldung an die Polizei und die Ausländerbehörden befürchten müssen. Der Obmann der CDU/CSU im Innenausschuß des Bundestages, Ralf Göbel, hat aber jetzt brüsk jede Änderung abgelehnt: »Der Rechtsstaat kann nicht hinnehmen, daß sich Menschen hier ohne Genehmigung aufhalten«, betonte Göbel gegenüber der Berliner Zeitung vom Donnerstag.
Seit Jahren verlangen Menschenrechtsorganisationen, daß die inhumane Lage der Illegalisierten von der Politik thematisiert wird. Vor drei Wochen hat das Katholische Forum »Leben in der Illegalität« die bisherige Tabuisierung kritisiert: »Die Probleme, die daraus für die betroffenen Menschen und für die Gesellschaft entstehen, verschwinden nicht, indem man sie verschweigt«, mahnte Weihbischof Josef Voß. In einem internen Bericht hatte sich das Bundesinnenministerium sogar für die Verschärfung der gesetzlichen Übermittlungspflichten öffentlicher Stellen ausgesprochen. Voß monierte, gerade diese Benachrichtigungspflichten verhinderten, daß Menschen die ihnen zustehenden grundlegenden sozialen Rechte etwa auf medizinische Versorgung, Schulbesuch und Lohn für geleistete Arbeit auch tatsächlich angstfrei in Anspruch nehmen können.
Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Hertha Däubler-Gmelin (SPD), forderte in der Berliner Zeitung vom Donnerstag ebenfalls eine Einschränkung der Übermittlungspflichten. Sie erklärte, derzeit würden Menschen ohne gültige Papiere dringende Arztbesuche vermeiden. »Die Regelung stellt einseitig die ordnungsrechtlichen Interessen des Staates über die Menschenrechte der Betroffenen«, sagte Däubler-Gmelin.
In anderen europäischen Ländern hat es wiederholt Legalisierungsaktionen zugunsten der »Menschen ohne Papiere« gegeben, etwa in Frankreich, Italien oder Spanien. Eine solche umfassende Besserstellung, die weit über die Abschaffung von Meldepflichten hinausgehen würde, hat die Fraktion Die Linke gefordert. So wurde bereits 2006 ein Antrag im Bundestag eingebracht, der »für die unbeschränkte Geltung der Menschenrechte in Deutschland« plädiert. Darin fordert Die Linke, die Wahrung der grundlegenden Menschenrechte von Personen ohne Aufenthaltstitel und Papiere in der Praxis sicherzustellen und den Opfern von Zwangsarbeit, Zwangsprostitution und Menschenhandel Schutz und einen sicheren Aufenthaltsstatus einzuräumen. Die Verwirklichung dieser humanitären Politik scheiterte aber bisher an der Bundestagsmehrheit. Sie ist nicht einmal zu kleinen Schritten in die richtige Richtung bereit.
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