Seit 1989 waren 5333 Polizeivollzugsbeamte an Auslandseinsätzen beteiligt, davon 2066 Beamte des Bundes (Bundespolizei und Bundeskriminalamt), der Rest von den Ländern. Die stärksten Kontingente sind auf dem Balkan stationiert. In Bosnien-Herzegowina waren bis heute fast 1700 deutsche Polizisten, im Kosovo über 2500. Ausgebaut wird derzeit der Polizeieinsatz in Afghanistan, wo bisher schon 235 Polizisten waren; im Moment befinden sich 34 Vollzugsbeamte im Rahmen der EU-Mission EUPOL Afghanistan dort.
Diese Angaben, die aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Petra Pau und anderen Abgeordneten der Linksfraktion vom Dezember 2007 hervorgehen (Bundestagsdrucksache 16/7585), zeigen: Auslandseinsätze der Polizei sind schon längst ein Mittel der deutschen Außenpolitik und flankieren die Bundeswehrmissionen. Das ist kein deutscher Alleingang, sondern Teil der EU-Militärdoktrin. Im Aufbau befindet sich gegenwärtig ein 6000 Mann starker europäischer Polizeipool mit einer rasch verlegbaren Interventionseinheit. Die Bundesregierung hat dafür 900 Polizisten zugesagt. Wo Soldaten gewütet haben, sollen Polizisten hinterher die Besatzungsordnung stabilisieren; angestrebt wird ein »Sicherheitssystem«, in dem sich militärische und zivil-polizeiliche Komponenten gegenseitig ergänzen.
Der Trend dazu, die Polizei zur Militarisierung der Außenpolitik zu mißbrauchen, gipfelt in Überlegungen, Bundespolizisten auch zwangsweise ins Ausland schicken zu können. Hier muß Konrad Freiberg, dem Chef der Gewerkschaft der Polizei, Recht gegeben werden: »Wer zum Grenzschutz gegangen ist, hat doch niemals damit rechnen müssen, lebensgefährliche Jobs am Hindukusch zu übernehmen.«
Deutsche Polizisten leiten in Afghanistan die Ausbildung der dortigen Polizei, und sie haben sich an der Ausbildung irakischer Polizisten beteiligt. Indem sie dort sogenannte Antiterrortechniken vermitteln, wird Deutschland zur aktiven Kriegspartei.
Die Entsendung von Polizeieinheiten und die Entsendung von Militäreinheiten sind zwei Seiten der gleichen Medaille – und dennoch ist der Bundestag von der Mitsprache bei Polizeieinsätzen ausgeschlossen. Er muß nicht zuvor gefragt werden, und er muß in bestimmten Fällen noch nicht einmal informiert werden. Das ist absurd und gibt der Bundesregierung das Mittel in die Hand, nach Belieben paramilitärische Abenteuer einzugehen. Deswegen hat die Linksfraktion einen Antrag ins Parlament eingebracht, der die parlamentarische Zustimmung für solche Polizeieinsätze zur Bedingung macht. Selbst die FDP stellte in der ersten Lesung im Bundestag im vorigen Jahr fest, diese Forderung sei »durchaus überdenkenswert«. Die Koalition allerdings lehnt die parlamentarische Kontrolle als »nicht zweckmäßig« ab.
Mangelnder parlamentarischer Kontrolle unterliegen auch die paramilitärischen Einsätze der Bundespolizei im Rahmen der Grenzschutzagentur Frontex. Menschenrechtsgruppen berichten immer wieder, daß deren Schiffe auf hoher See überfüllte Boote mit Flüchtlingen zur Umkehr zwingen, ohne die völkerrechtlichen Bestimmungen zu deren Schutz zu beachten. Inwieweit Bundespolizisten an solchen Aktionen beteiligt sind, darüber spricht die Bundesregierung nicht gerne. Deshalb wäre eine Pflicht wenigstens zur nachträglichen Meldung von Einsatzbeteiligungen deutscher Polizisten an solchen Aktionen ein echter Fortschritt.