Das Regierungsabkommen, das Schäuble und Zypries mit US-Heimatschutzminister Michael Chertoff und Justizminister Michael B. Mukadey unterschrieben, sieht einen Datenaustausch vor, der zunächst auf Terrorabwehr beschränkt sein soll – was aber auf beiden Seiten ein dehnbarer Begriff ist. So sollen z.B. Erkenntnisse über »Gefährder« ausgetauscht werden – also unbescholtene Personen, denen Geheimdienste vorwerfen, sie könnten eventuell Straftaten begehen. Außerdem sollen DNS-Spuren sowie – ausdrücklich auch präventiv – Fingerabdrücke ausgetauscht werden.
Nach dem Willen beider Regierungen soll das aber nur ein erster Schritt sein. Die Vertragspräambel sieht vor, daß sich sämtliche EU-Staaten dem Abkommen anschließen und dabei den »Prümer Vertrag« zugrunde legen. Der sieht vor, daß die EU-Staaten unter sich praktisch sämtliche gespeicherten Daten austauschen bzw. gegenseitig auf die nationalen Datenbanken zugreifen können. Im Deutschlandfunk erläuterte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar, was das bedeuten würde: Es gehe nicht nur um Daten von Schwerverbrechern, sondern um sämtliche Angaben über Asylbewerber, Visumantragsteller, »aber auch Personen, die ohne Fahrschein aufgegriffen worden sind und deren Personalien man sicherstellen will oder auch Demonstranten in Gorleben, die gegen die Atomkraft sind«. Von Demonstranten, die bei Demos gegen US-Militäreinrichtungen oder Folter erfaßt werden, ganz zu schweigen. Schaar wies darauf hin, daß die USA zwar ein Datenschutzgesetz haben, das gelte aber erstens nicht für Ausländer und sei zweitens auf unterem Niveau.
Damit ist die Bundesregierung Vorreiterin beim Grundrechteabbau. Dafür erhält sie ihrerseits Daten aus den USA. Daß diese Daten unter Umständen unter Folter zustande gekommen sind und demzufolge in deutschen Strafverfahren gar nicht verwendet werden dürften, scheint weder Schäuble noch Zypries zu stören. Der Vertrag muß noch vom Bundestag bestätigt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat gestern indessen an einer anderen Front wieder einmal staatliche Angriffe auf den Datenschutz abgewiesen. Die automatische Speicherung von Autokennzeichen per Videokamera, die zur Zeit in acht Bundesländern betrieben werde, sei grundrechtswidrig, konstatierten die Richter. Es müsse sichergestellt werden, daß erhobene Daten unmittelbar abgeglichen und bei Negativtreffern sofort gelöscht werden, eine Speicherung für »Ermittlungen ins Blaue« sei unverhältnismäßig. Der Datenschutzexperte der Linksfraktion Jan Korte sprach von einem »erneuten Dämpfer für Überwachungsfanatiker.«