Das von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplante zentrale Melderegister stößt auf heftigen Widerstand bei der Opposition. Schäuble hat einen Gesetzentwurf vorbereitet, mit dem der Zugriff zahlreicher Behörden auf persönliche Daten der Bürger ausgeweitet werden soll. Hierzu soll ein zentrales Bundesregister geschaffen werden, das Informationen aller Meldebehörden in Deutschland zusammenführt. Zu den etwa dreißig Daten pro Person gehören aktuelle und frühere Adressen, Religionszugehörigkeiten, Staatsangehörigkeiten, Paßnummern und Steuerklassen. Ferner soll die erst vor wenigen Monaten eingeführte Steuer-Identifikationsnummer, die jedem Bürger nach der Geburt zugeteilt wird, aufgenommen werden. Auf diese Daten sollen alle Meldeämter sowie zahlreiche andere Behörden Zugriff erhalten, darunter auch die Polizei. Jeder Bürger wird nach Schäubles Entwurf zudem eine eigene Nummer erhalten, die allerdings nur zwischen Bundesregister und Meldebehörden eingesetzt werden darf.
Die Partei Die Linke erklärte, ein solches Zentralregister habe in einer Demokratie keinen Platz. Der Bundestagsabgeordnete Jan Korte verwies in einer Pressemitteilung am Freitag darauf, daß bereits 1969 das Bundesverfassungsgericht die Einführung allgemeiner Personenkennzeichen aus gutem Grund als verfassungswidrig eingestuft habe. »Das hat das Kabinett nicht davon abgehalten, in dieser Woche ein zentrales Einkommensregister zu beschließen. Kommt jetzt noch das Bundesmelderegister, ist der gläserne Bürger perfekt, der durch Vorratsdatenspeicherung und viele andere Schnüffelgesetze nur noch Opfer des staatlichen Informationsdurstes ist.«
Auch die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warnte am Samstag in den Ruhr-Nachrichten: »Wenn Daten von über 82 Millionen Menschen mißbraucht würden oder in falsche Hände gerieten, wäre die Totalüberwachung perfekt.« Schäuble sei »beim Umgang mit personenbezogenen Daten außer Rand und Band«, so die Politikerin. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar vertrat in der taz die Auffassung, daß es »ohne Nachweis der Notwendigkeit« kein zentrales Melderegister geben dürfe.
Unklar formulierte hingegen die SPD ihre Bedenken gegen das in der Koalition noch nicht abgestimmte Vorhaben Schäubles. Justizministerin Brigitte Zypries sagte in der Sächsischen Zeitung am Samstag: »Bevor wir nun ein weiteres Melderegister auf Bundesebene schaffen, müssen wir sorgfältig prüfen, ob das, was dieses zentrale Bundesregister leisten soll, möglicherweise durch die vorhandenen Register leistbar ist.« Die Wortwahl zeigt, daß der Weg zu einer späteren Zustimmung der SPD offen ist. Am Ende der Debatte wird die SPD genauso einknicken wie zuletzt bei den heimlichen Onlinedurchsuchungen.
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