Migranten, die sich nach achtjährigem legalen Aufenthalt in Deutschland einbürgern lassen wollen, müssen demnächst einen sogenannten Einbürgerungstest absolvieren. Das Bundesinnenministerium will in den nächsten Tagen den Gesamtkatalog von 310 Fragen vorstellen. Die Opposition kritisierte das Vorhaben als unnötig und diskriminierend.
Bereits im Mai 2006 hatten sich die Innenminister der Länder darauf geeinigt, einbürgerungswilligen Migranten ab dem 1. September 2008 den Test abzuverlangen. Die Fragen wurden jetzt von einem Institut der Berliner Humboldt-Universität entworfen. Aus dem Katalog werden Prüfungsaufgaben von jeweils 33 Fragen zusammengestellt, von denen die »Kandidaten« mindestens die Hälfte richtig beantworten müssen. Dazu werden mehrere Antwortoptionen vorgelegt, von denen nur eine richtig ist. Sämtliche Fragen werden, ähnlich wie bei Führerscheinprüfungen, veröffentlicht, die Zusammenstellung der Prüfungsbögen bleibt aber geheim. Jugendliche unter 16, Behinderte und »altersbedingt Beeinträchtigte« müssen den Test nicht mitmachen.
Die Prozedur soll sicherstellen, daß Eingebürgerte über umfangreiche »Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse« verfügen. Zu den abverlangten Kenntnissen gehört etwa, Werke von Goethe und Schiller entsprechend zuordnen zu können oder zu wissen, was auf Gemälden von Caspar David Friedrich dargestellt ist. »Welcher deutsche Arzt entdeckte die Erreger von Cholera und Tuberkulose?« soll man ebenso wissen wie den Namen des Komponisten, der die 9. Sinfonie Schillers »Ode an die Freude« vertont hat.
Grundsätzliche Kritik an diesen neuen Hürden übte die migrations- und integrationspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Sevim Dagdelen. Statt absurder Tests sollten die tatsächlich bestehenden Integrationsdefizite durch eine offensive Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik angegangen werden. Auch die Grünen bezeichneten die Fragebögen als unnötig: »Das ist eine Scheinlösung für ein Scheinproblem«, sagte ihr Innenpolitiker Josef Winkler in der Financial Times Deutschland. Hans-Christian Ströbele sprach sich dafür aus, die Fragen nicht von der Regierung, sondern vom Bundestag festlegen zu lassen. Sibylle Laurischk (FDP) sagte, wichtiger als Tests, auf die man sich durch intensives Auswendiglernen vorbereiten könne, seien gute Sprachkenntnisse.
Auch in der SPD gab es Kritik, wenngleich nicht auf der grundsätzlichen Ebene. Der innenpolitische Sprecher ihrer Bundestagsfraktion Dieter Wiefelspütz zeigte sich unzufrieden damit, daß Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Fragen im Alleingang festlegen will, und meldete »Gesprächsbedarf« an.
Gesinnungsfragen etwa zur Haltung zu Homosexualität werden in Schäubles Test nicht gestellt. Allerdings behalten sich die Länder das Recht dazu vor, wovon Baden-Württemberg und Bayern Gebrauch machen wollen.