Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (TOP 15 der 169. Sitzung des 16. Bundestages)
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll eine Richtlinie der EU zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung in deutsches Recht umgesetzt werden. Der Gesetzentwurf soll eine Umsetzung 1:1 sein. Daran sind schon deutliche Zweifel geäußert worden, die ich hier nicht wiederholen will. Die Umsetzung muss auch im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gesehen werden, und dazu gibt es allerdings eine Reihe von Punkten anzumerken.
Zunächst einmal stehen die Pflichten zur Identifizierung und Erfassung von Personen in keinem Verhältnis zum erwartbaren Effekt. Zukünftig sollen nach dem Gesetzentwurf bei jeglichen Transaktionen über 15000 Euro, die Beteiligten identifiziert und ihre Daten überprüft werden.
Gar keinen Schwellenwert wird es künftig beim Kauf von Fremdwährungen geben. Mit anderen Worten: schon, wenn ich im S-Bahnhof Alexanderplatz ein paar hundert Euro für meinen nächsten Urlaub umtauschen will, muss der Bankbeschäftigte dort Identität prüfen.
Gar nicht auszumalen sind die Konsequenzen solcher Regelungen im grenznahen Bereich, etwa an der deutsch-tschechischen Grenze nahe Schönau, wo manchmal täglich hunderte Reisende Euro kaufen oder verkaufen. Und der Zusammenhang zu Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung ist gar nicht zu erkennen.
Geradezu absurd ist die geforderte Identifizierung von Personen, die für mehr als 2000 Euro Spielmarken im Kasino erwerben. Das wird sicherlich kein Spaß, wenn zukünftig Casino-Beschäftigte die Papiere von außereuropäischen Touristen kontrollieren müssen. Denn denen ist es ja gerade wichtig, bei uns in Europa mal ohne Konsequenzen solchen Lastern frönen zu können.
Aber Ihnen allen wird sicherlich klar sein, dass reiche Touristen nun nicht unbedingt zu denen gehören, denen mein besonderes Mitleid gilt. Anders verhält es sich mit einer Gruppe, zu der wir alle gehören: die „politisch exponierten Personen“ (PEP). Diese werden faktisch einem Generalverdacht ausgeliefert. Oder wie soll man es sonst bezeichnen, wenn bei allen „politisch exponierten Personen“, deren Angehörigen oder „bekanntermaßen“ nahestehenden Personen, jede Finanztransaktion ins Ausland überprüft werden soll? Es ist ja völlig legitim, den Geldfluss von führenden Politikern aus Unrechtsstaaten in den Blick zu nehmen. Das war ja ursprünglich wohl auch gemeint. Aber nun unterliegen auch Finanztransaktionen von Mitgliedern der nationalen Parlamente der EU-Staaten der besonderen Sorgfaltspflicht und müssen also auf den Verdacht der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung geprüft werden.
Unabhängig von dieser absurden Ausweitung der Personengruppen, die besonders geprüft werden sollen, gibt es noch ein generelles Problem: wonach soll ein Mitarbeiter einer Bank, eines Versicherungsunternehmens oder eines Anwaltes das Risiko bewerten, dass eine Transaktion im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung steht? Dieser Gesetzentwurf verlangt von 12 Branchen bzw. Berufsgruppen, ihre Kunden zu kontrollieren und ihre privaten Geschäftsbeziehungen aus der Perspektive von Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zu sehen.
Dieses Problem wird im Übrigen nicht entschärft, wenn man dem von Lobbyverbänden und FDP präferierten so genannten „risikobasierten Ansatz“ folgt. Einerseits würde so zwar die Ansammlung von Daten, die bei der massenhaften Überprüfung von Geschäftspartnern notwendig anfallen, vermieden. Andererseits bleibt es so erst recht den Mitarbeitern von Finanzdienstleistern überlassen, wie sie Risiken prüfen und feststellen sollen und wann sie gewonnene Erkenntnisse an die Sicherheitsbehörden weitergeben. Man stelle sich den Aufschrei vor, wenn Finanzdienstleister ihre Kunden auf den Verdacht der Steuerhinterziehung hin prüfen sollten! Jedem, auch vielen hier im Hohen Hause, würde das als Störung des Vertrauensverhältnisses erscheinen. Dasselbe wird mit dem vorgeschlagenen Gesetz auch erreicht.
Ein letzter Punkt noch:
Mit dem Gesetz würde ein weiterer riesiger Datenberg geschaffen. Einerseits bei den Banken selbst, sie sich beispielsweise einen Überblick über bestehende Geschäftsbeziehungen beschaffen müssen. Andererseits beim BKA, an den Anfragen zur Überprüfung von Personen gerichtet werden. So ganz nebenbei wird beim BKA eine „Zentralstelle für Verdachtsanzeigen“ aufgebläht, die diesen Datenberg abtragen soll.
Ein solcher Datenberg hält zum Missbrauch geradezu an – wie man ja bei der Telekom schon beobachten konnte. Ob damit aber nur ein Jota mehr Effizienz in der Bekämpfung des internationalen Terrorismus erreicht wird, ist zu bezweifeln. Schon heute kaufen sich die Finanzdienstleister von zweifelhaften Informationshändlern Listen mit Personennamen, um ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen und Verdachtsfälle von Geldwäsche prüfen zu können.
Wir werden eine solche Politik nicht unterstützen und lehnen den Gesetzentwurf daher ab.
– zu Protokoll gegeben –