Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Frage eines möglichen Verbots der NPD ist in den letzten Wochen wieder in den Hintergrund der Debatte getreten. Das hat vor allem zwei Gründe: in erster Linie haben die Unions-Innenminister deutlich gemacht, dass sie die Voraussetzungen für ein solches Verbot – Abzug der V-Leute – nicht herstellen werden. Und zweitens haben Sie mal wieder die angebliche Gefahr von links so hoch geredet, dass der tägliche Straßenterror der NPD und ihrer Unterstützer in der öffentlichen Wahrnehmung relativiert wurde.
Das verbal-radikale Auftreten einiger Innenpolitiker der Koalition hat offensichtlich keine praktischen Konsequenzen. Weil CDU/CSU ein neues NPD-Verbotsverfahren ablehnen, die NPD jedoch weiterhin als besonders gefährlich einschätzen, wollen sie diese weiterhin beobachten. Die SPD fordert hingegen ein erneutes Verbotsverfahren, obwohl nicht in allen SPD-geführten Bundesländern die Innenminister zum notwendigen Abzug der V-Leute bereit sind. Dieser Abzug ist jedoch notwendig, da das Parteienverbot „ein Höchstmaß an Rechtssicherheit, Transparenz, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit“ verlangt – so das Bundesverfassungsgericht bei der Einstellung des letzten Verbotsverfahrens 2003. Dies setzt voraus, dass die „Quellen in den Vorständen einer politischen Partei ‚abgeschaltet’“ sind.
Damit hat das Verfassungsgericht noch gar keine Aussage darüber getroffen, ob bei der NPD die für ein Verbot notwendige „aggressiv-kämpferische Haltung“ gegen die verfassungsmäßige Ordnung vorliegt. Ehrhart Körting, der sozialdemokratische Innensenator Berlins, hat im April dieses Jahres festgestellt, die Verfassungswidrigkeit der NPD auch ohne V-Leute-Einsatz nachweisen zu können. Daher verwundert es, dass nicht alle Innenminister der von der SPD geführten Bundesländer ihre V-Männer abziehen wollen. Es passt nicht zusammen, einerseits auf die besondere Gefahr hinzuweisen, die von der NPD ausgeht, und andererseits nicht die nötigen Schritte zu ihrem Verbot zu unternehmen.
Wie im Fall deines V-Mannes in Ostwestfalen wurde in letzter Zeit deutlich, dass der Verfassungsschutz nicht nur in Einzelfällen entgegen seines eigentlichen Auftrages handelt. Der genannte V-Mann soll sich des Drogenhandels, der Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffengesetz schuldig gemacht haben. Er wurde danach von seinem V-Mann-Führer vor laufenden Ermittlungsmaßnahmen gewarnt. Ein weiterer aktueller Fall ist der laufende Prozess gegen die verbotene Neonazi-Gruppe „Sturm 34“ im sächsischen Mittweida. Dort kam heraus, dass ein Angeklagter Informant des Staatsschutzes war. Bisher ist davon auszugehen, dass der Informant schon bei Gründung der Gruppe für den polizeilichen Staatsschutz tätig war.
Diese Kumpanei mit einem Kriminellen ist skandalös und macht die aus diesen Quellen gewonnenen Erkenntnisse auch nicht gerade glaubwürdig. Die Aussagen des ehemaligen V-Manns Wolfgang Frenz beim ersten NPD-Verbotsverfahren belegen zudem, dass V-Leute generell nicht im Hintergrund der jeweiligen Gruppe agieren, sondern vielmehr eskalierend und radikalisierend auf andere Mitglieder einwirken. Wolfgang Frenz war von 1962-1995 bezahlter V-Mann bei der NPD und bis hin in hohe Parteiämter aktiv. Eine solche Entwicklung liegt in der Logik verdeckter Arbeit innerhalb von Parteien, da eine Unterwanderung eine aktive Rolle der V-Leute erfordert. Dadurch wird nichts verhindert, und im Hinblick auf ein mögliches Parteiverbot ist solche Art der Unterwanderung auch kontraproduktiv.
Das gescheiterte NPD-Verbotsverfahren und auch die aktuellen Fälle aus NRW belegen, dass eine effektive Kontrolle des Einsatzes von V-Leuten nicht möglich ist. Die Informationen, die die Bundesregierung durch den Einsatz von V-Leuten erhält, sind, wie man den Antworten auf diverse Kleine Anfragen der LINKEN zum Thema Rechtsextremismus entnehmen kann, durchgängig sehr dürftig. Die meisten Antifa-Gruppen sind hier offensichtlich besser informiert.
DIE LINKE bleibt daher dabei: Die Spitzel des Verfassungsschutzes müssen sofort aus allen Gremien der NPD abgezogen werden! Sie tragen nichts zur Aufklärung bei, sondern sind all zu oft staatlich bezahlte Nazihetzer und Kriminelle. Statt des Verfassungsschutzes sollte eine aus öffentlichen Mitteln finanzierte unabhängige Beobachtungsstelle für Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus geschaffen werden.
(es gilt das gesprochene Wort)