Die Bundesregierung beabsichtigt die zentrale Erfassung aller Beschäftigtendaten. Das Bundeskabinett beschloß bereits im Juni einen Gesetzentwurf zum sogenannten »Elektronischen Entgeltnachweis« (ELENA) und ist damit Forderungen aus der Wirtschaft nachgekommen. Das Vorhaben wurde noch von der SPD-Grünen-Regierung auf den Weg gebracht und geht auf Vorschläge der Hartz-Kommission zurück. Wegen technischer und datenschutzrechtlicher Probleme hat es sich allerdings erheblich verzögert. Ab 2012 soll ELENA aber umgesetzt werden.
Vorgesehen ist ein umfangreicher Datenaustausch zwischen Unternehmen, Arbeitsagenturen, Kommunen und Justiz. Bescheinigungen, die bislang noch in Papierform bei den Behörden vorgelegt werden müssen, gibt es dann nur noch elektronisch. Dazu übermitteln die Unternehmen die Einkommensangaben an die Zentrale Speicherstelle (ZSS). Beschäftigte müssen sich – auf ihre Kosten – eine Signaturkarte (zuvor JobCard genannt) mit einer Identitätsnummer anschaffen. Die Behörden können im ersten Schritt Anträge auf Arbeitslosengeld I, Erziehungsgeld und Wohngeld berechnen, indem sie auf die Datenbank zugreifen. »Ziel der Bundesregierung ist es, das Verfahren schrittweise auszubauen und ab 1. Januar 2015 alle weiteren Auskünfte, Bescheinigungen und Nachweise nach dem Sozialgesetzbuch in das Verfahren mit einzubeziehen«, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums. Dann können auch ALG-II-Anträge, Prozeßkostenhilfe, Fehlbelegungsabgaben, Nebeneinkommensbescheinigungen usw. papierlos berechnet werden.
Was sich so praktisch anhört, enthält gravierende datenschutzrechtliche Risiken für die Beschäftigten; der Gewinn liegt bei den »Arbeitgebern«: »Allein durch ELENA können wir die Unternehmen um mehr als 85 Millionen Euro im Jahr entlasten«, will Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CDU) ausgerechnet haben. Im Hintergrund steht wohl auch die Hoffnung auf Umsatzsteigerungen in der IT-Branche: Haben sich die Beschäftigten erst eine Karte mit elektronischer Signatur angeschafft, dann haben sie auch die Möglichkeit, »sich im Internet auszuweisen sowie auf elektronischem Wege rechtssicher zu unterschreiben. Davon profitieren der Verbraucher, der elektronische Handel und die Dienstleistungswirtschaft«, so die Regierung.
Datenschützer kritisieren hingegen die ausufernde Sammlung personenbezogener Informationen. Der Unabhängige Beauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, spricht von einer »häßlichen, weil datenschutzwidrigen Großdatenbank«, die nicht ausreichend gesichert sei und an der vor allem die Finanzämter ein Interesse hätten. Bürgerrechtsgruppen mobilisieren gegen die ausufernde Sammelleidenschaft für den 11. Oktober zu einer Demonstration nach Berlin.