Als »unverantwortliche und gefährliche politische Fehlentscheidung« kritisierte das »Kurdische Zentrum für juristische Studien und Beratungen e.V.« (YASA) am Sonntag in einer Presseerklärung ein Rückübernahmeabkommen zwischen Deutschland und Syrien.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein syrischer Amtskollege Bassam Abdelmajid hatten ein bilaterales Rückübernahmeabkommen bereits am 14. Juli in Berlin unterzeichnet. Dieser Vertrag regelt »im Rahmen der Gegenseitigkeit die Voraussetzungen für die Rückübernahme ausreisepflichtiger Personen aus dem Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei«. Ebenfalls unterzeichnet wurde ein Durchführungsprotokoll, das Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit und weitere Einzelheiten betrifft.
»Der schnelle Abschluß unterstreicht die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen beiden Regierungen auf dem Gebiet der illegalen Migration«, rühmte Bundesinnenminister Schäuble, das Verhandlungsergebnis mit dem früher als »Schurkenstaat« gescholtenen Syrien nach nur einer Gesprächsrunde. »Auf dieser Grundlage wird es künftig möglich sein, nicht nur ausreisepflichtige syrische Staatsangehörige, sondern auch Drittstaatsangehörige und Staatenlose, wenn diese über einen Aufenthaltstitel oder ein Visum der syrischen Seite verfügen oder unmittelbar aus dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei rechtswidrig eingereist sind, dorthin zurückzuführen.«
Gerade diese Möglichkeit der Abschiebung Staatenloser wird von YASA als »besonders prekär« eingestuft. »Hiervon ist insbesondere die kurdische Minderheit betroffen, die in Syrien seit Jahrzehnten extremer staatlicher Repression ausgesetzt ist«, so der Verein. In Folge einer Sondervolkszählung im Jahre 1962 sei 150000 Kurden die Staatsbürgerschaft entzogen worden. Diese Gruppe, der staatsbürgerliche und politische Rechte wie beispielsweise das Wahlrecht, das Recht auf Erwerb von Land und Immobilien oder das Recht auf staatliche Anstellung vorenthalten würden, umfasse nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen heute etwa 300000 Personen.
Die »Rückführung« kurdischer Flüchtlinge ist nach Auffassung von YASA besonders bedenklich, da Syrien nach Berichten zahlreicher namhafter Menschenrechtsorganisationen international als Folterstaat gelte, in dem elementare Menschenrechte nicht zählen und jede politische Opposition brutal unterdrückt werde. Erst Mitte August sei der Menschenrechtler Maschal Tamo von syrischen Sicherheitskräften festgenommen worden. Man befürchte, so YASA, daß er in Untersuchungshaft Mißhandlungen und Folter ausgesetzt sei. »Wer nach Syrien abgeschoben wird, kann im günstigsten Fall mit Gefängnis und Folter rechnen, muß aber durchaus auch um sein Leben fürchten.« In Deutschland leben 28350 syrische Staatsangehörige, von denen 7000 als ausreisepflichtig gelten. Die überwiegende Mehrheit sind Angehörige der vor Repressalien aus Syrien geflohenen kurdischen Minderheit.