Derzeit versucht sich ausgerechnet Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit Aktionismus in Sachen Datenschutz zu profilieren. Am Donnerstag führte sein Staatssekretär Hans Bernhard Beus ein Gespräch mit Vertretern der Telekommunikationsbranche, bei dem jedoch keine konkreten Ergebnisse erzielt wurden. In der Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums heißt es nur, die Teilnehmer der Runde hätten betont, »daß ihnen die hohe Bedeutung eines verantwortungsbewußten Umgangs mit Telekommunikationsdaten wichtig und bewußt sei und die Überprüfung der brancheninternen Standards baldmöglichst abgeschlossen werden solle«.
Diese Nullnummer zeigt, daß Schäubles angebliche Wandlung vom Saulus zum Paulus beim Datenschutz skeptisch zu betrachten ist. Ob das veraltete Bundesdatenschutzgesetz wirklich modernisiert wird, ist noch fraglich. In der am Freitag zu Ende gegangenen Haushaltsdebatte des Bundestags stellte sich Schäuble als oberster Datenschützer der Nation dar. Er erklärte, man müsse dafür sorgen, »daß auch die Grundrechte auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung im nichtöffentlichen Bereich durch leistungsfähige Verwaltungen gewährleistet werden«. Die Opposition warf Schäuble daraufhin Unglaubwürdigkeit vor. Schließlich habe er bislang eher als unersättlicher Datensammler agiert. CDU/CSU und SPD sind verantwortlich für die Vorratsspeicherung der Telekommunikationsverbindungsdaten, für die neue Steueridentifizierungsnummer, für Gesundheitschipkarte und heimliche Onlinedurchsuchungen von Privatcomputern.
Ende August kündigte Schäuble die Einführung eines »freiwilligen Datenschutzaudits« an, das eine Art Gütesiegel für Unternehmen sein soll. Die Nutzung und Übermittlung personenbezogener Daten zum Zweck des Adreßhandels soll künftig nur noch mit ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen zulässig sein. Die Bußgelder bei Datenmißbrauch sollen erhöht und eine erweiterte »Gewinnabschöpfung« diskutiert werden.
Die Opposition hat diese Pläne als halbherzig kritisiert. Grüne und FDP fordern eine Ergänzung des Grundgesetzes um einen Datenschutzartikel. Die Linke ist noch skeptisch, ob dabei eine Formulierung zustande kommt, die wirklich eine Verbesserung wäre. Auch der Vorsitzende des Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), hat weitergehende Vorschläge. »Die Unternehmen, die gegen den Datenschutz verstoßen, sollen dies selbst veröffentlichen müssen«, forderte er am Donnerstag in der Berliner Zeitung. Da Schäuble eine solche Verpflichtung ablehnt, baut Edathy auf die Mithilfe der Opposition. »Ich kann mir vorstellen, daß sich für eine solche Regelung eine Mehrheit im Parlament findet«, betonte er.
Um ein verbessertes Datenschutzgesetz voranzubringen, hatten sich auf Einladung Edathys am Dienstag abend Abgeordnete von SPD, FDP, Linkspartei und Grünen mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar getroffen. Die CDU/CSU sagte eine Teilnahme aus angeblichen Termingründen ab. Die Union ist seit langem mit Edathy unzufrieden. Kürzlich forderte die CDU-Innenpolitikerin Kristina Köhler gar seinen Rücktritt als Ausschußvorsitzender, weil er der Union in der Debatte um die Reform des Einbürgerungsrechts eine »völkische Ideologie« vorgeworfen hatte.
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