Am heutigen Donnerstag lädt ausgerechnet Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu einem Datenschutzgipfel in sein Ministerium. Schäuble will mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) die Konsequenzen aus den »aktuellen Datenschutzvorkommnissen« erörtern. Mit dabei sind auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar und Vertreter der Länder-Behörden, außerdem Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) als Vorsitzender der Innenministerkonferenz. Die Initiative zum Datengipfel hatte ursprünglich der Vorsitzende des Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), ergriffen. Nun sind aber weder Edathy noch andere Parlamentarier eingeladen, obwohl letztlich sie über Gesetzesänderungen beraten müssen. Edathy beruft nun selbst einen Gipfel mit Abgeordneten ein.
Schäuble sieht sich offenbar gezwungen, auf eine Reihe von aktuellen Skandalen zu reagieren: Es ging los mit der rechtswidrigen Auswertung von Telefondaten kritischer Aufsichtsratsmitglieder durch die Deutsche Telekom und setzte sich fort mit immer neuen Meldungen, daß vielfach ohne Einverständnis der Betroffenen persönliche Daten weiterverkauft worden sind. Dieser schwunghafte Handel führte nicht nur dazu, daß die Menschen mit einer Flut unverlangter Werbung belästigt und am Telefon zu unerwünschten Vertragsabschlüssen gedrängt wurden, sondern auch zu Zugriffen auf Bankkonten und unerlaubten Geldabhebungen durch Dritte. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufen noch.
Schäuble hat den Datenschutz in der Vergangenheit mehrfach als »Täterschutz« bezeichnet. Das macht Sinn, da er selbst zu den größten Datensammlern gehört. Mit seiner law-and-order-Politik hat er immer wieder tief in die Privatsphäre der Bürger eingegriffen. Jan Korte, datenschutzpolitischer Sprecher der Linksfraktion, fragte daher im Vorfeld des Gipfeltreffens: »Ein Mann, der Daten deutscher Bürger beispielsweise an Geheimdienste der USA weitergibt, will diese nun glaubhaft vor einem Mißbrauch ihrer Daten schützen?«
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte am Mittwoch »konkrete Ergebnisse«: »Ein Symbol-Gipfel würde uns allen nicht weiterhelfen.« Scharfe Kritik äußerte er daran, daß zahlreiche Kommunen Daten aus den Melderegistern an Unternehmen weitergeben. Wie dieser Tage bekannt wurde, erzielt alleine die Stadt Bochum dadurch nach eigenen Angaben jährlich Einnahmen von rund 220000 Euro. »Ich stehe dem äußerst kritisch gegenüber, insbesondere weil diese Daten ja zwangsweise für hoheitliche Zwecke erhoben werden.« Der Datenschutz gehöre ins Grundgesetz, so Schaar. Generell dürften Daten künftig nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Betroffenen an kommerzielle Nutzer weitergegeben werden.