Frühere jüdische Partisanen, die gegen die Nazi-Besatzer gekämpft haben, sind in Litauen Ziel einer diskriminierenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlung.
Seit fast einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen angeblicher Kriegsverbrechen, die von Partisanen während des Zweiten Weltkrieges begangen worden sein sollen.
Auf den Vernehmungslisten der Staatsanwaltschaft stehen ausschließlich jüdische Namen. Dazu gehört unter anderem der frühere Direktor der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Yitzhak Arad. Formal richten sich die Ermittlungen gegen „Unbekannt“, die früheren Kämpfer sollen als Zeugen gehört werden. Dabei wird ihnen unterstellt, sie hätten Kenntnis von behaupteten Verbrechern ihrer Mitkämpfer.
Auffällig ist außerdem, dass Litauen sich bislang nicht die geringste Mühe gemacht hat, die zahlreichen einheimischen Nazi-Kollaborateure vor Gericht zu bringen. Umso mehr Eifer legt die Staatsanwaltschaft an den Tag, wenn das Ermittlungsziel in jüdischen Antifaschisten besteht. Ich teile ausdrücklich die Ansicht zahlreicher jüdischer Organisationen, darunter das Simon-Wiesenthal-Center, dass die Ermittlungen Ausdruck geschichtsrevisionistischer Tendenzen sind und den Antisemitismus in Litauen anstacheln.
Die Bundesregierung hat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage dargelegt, dass die deutsche Botschaft in Vilnius einen Empfang für die frühere Partisanin Fania Yocheles Brantsovskaya – eine der vier von den Ermittlungen Betroffenen – ausgerichtet hat und sich an einer von dieser organisierten Führung durch die Überreste des jüdischen Ghettos beteiligt hat. Diese diplomatischen Signale sind richtig. Weil die Ermittlungen aber andauern, muss der Druck nun erhöht werden. Litauen muss klargemacht werden: Wer den Partisanenkampf gegen Nazibesatzer und Kollaborateure zum Verbrechen erklärt, der kann kein Partner sein. Auf EU-Ebene muss die Entscheidung, Vilnius 2009 zur „Kulturhauptstadt Europas“ zu machen, überdacht werden.