Wenige Tage vor dem von Pro Asyl und anderen Hilfsorganisationen ausgerufenen Tag des Flüchtlings am 3. Oktober trafen sich Mitte vergangener Woche die für Integration zuständigen Minister der Bundesländer in Hannover. Ihnen macht allerdings weniger das Schicksal der Menschen ohne deutschen Paß in diesem Land zu schaffen, sondern der Rückgang der Einbürgerungen. Im Jahre 2007 haben sich nur noch rund 113000 Ausländer in Deutschland einbürgern lassen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um 9,5 Prozent. »Wir wollen eine Willkommenskultur ausstrahlen«, kündigte der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) nach der ersten gemeinsamen Konferenz mit seinen Amtskollegen an.
Die Hauptursache dieser Entwicklung wurde auf der Konferenz ausgeklammert: die seit vielen Jahren praktizierte Politik der Abschottung und Ausgrenzung gegenüber Nicht-Deutschen. Das Grundrecht auf Asyl wurde faktisch abgeschafft, und das Zuwanderungsgesetz erwies sich als Zuwanderungsverhinderungsgesetz. Die Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 hat die Hürden für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft deutlich erhöht. Eine weitere Provokation gegenüber Einbürgerungswilligen ist der seit 1. September 2008 vorgeschriebene Test in Staatsbürgerkunde. Mit der Einführung von Sprachprüfungen im Herkunftsland hat die große Koalition eine zusätzliche Schranke gegen den Nachzug von Familienangehörigen errichtet. Diese Fülle von Abwehrmaßnahmen signalisiert: nicht willkommen. Allenfalls am Zuzug »Hochqualifizierter« ist die Wirtschaft interessiert; es gilt das »Nützlichkeitsprinzip«.
Die Initiative der Integrationsminister für mehr Einbürgerungen erscheint daher wenig glaubwürdig. Davon zeugen auch die diskutierten Maßnahmen: Beschlossen wurde zunächst die Bildung einer Arbeitsgruppe, und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), will eine Plakataktion starten. »Wir müssen die Herzen der Menschen gewinnen«, betonte sie.
Dabei würde die Zahl der Einbürgerungen sofort wieder ansteigen, wenn die doppelte Staatsangehörigkeit zugelassen würde. In diesem entscheidenden Punkt sind die Integrationsminister uneins: Forderungen nach Ausweitung der doppelten Staatsangehörigkeit lehnten sie mehrheitlich ab. Das geltende sogenannte Optionsmodell führt dazu, daß sich in Deutschland geborene junge Menschen im Alter zwischen 18 und 23 Jahren für den deutschen Paß oder die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden müssen. Obwohl sich gezeigt hat, daß sich das Gros der Einwandererkinder nicht von seinen Wurzeln trennen will, sagte NRW-Minister Armin Laschet, es sei viel zu früh, das Modell zu kippen. Auch Maria Böhmer vertrat die Auffassung, es müßten erst einmal Erfahrungen gesammelt werden. So verständigten sich die Minister in Hannover nur auf eine einzige Öffnung: Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Hochschulabschlüssen soll in Deutschland erleichtert werden.