Damit soll, wie Die Linke zu Recht festgestellt hat, durch die Vordertür das eingeführt werden, was durch die Hintertür längst Usus ist: Militäreinsätze im Inneren sollen künftig zur Alltagsroutine gehören. Bisher nutzte Schäuble Großereignisse wie die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 oder den Papst-Besuch in Köln, um die Bevölkerung an Soldaten auf der Straße zu gewöhnen. Vor allem beim G-8-Gipfel in Heiligendamm agierte die Bundeswehr in vorderster Linie. Mit verfassungswidrigen Tornado-Flügen wurden Demonstrantencamps ausspioniert; bei Straßensperren und anderen Aktionen gegen friedliche Bürgerinnen und Bürger, die nur ihre Grundrechte wahrnahmen, wurden Soldaten eingesetzt.
Die massive Militärpräsenz beim G-8-Gipfel gab einen Vorgeschmack darauf, was Schäuble mit Zustimmung der SPD vorhat – nämlich die klassische Trennung von polizeilichen und militärischen Aufgaben aufzuheben. Damit entfallen irgendwann die rechtsstaatlichen Bindungen, denen die Polizei – trotz aller Übergriffe in der Praxis – zumindest laut Gesetzestexten unterliegt. Schäuble behauptet, man könne zwischen innerer und äußerer Sicherheit nicht mehr unterscheiden. Daraus leitet er die Rechtfertigung für die verfassungswidrige Vermischung von Polizei, Geheimdiensten und Militär ab. Das aber führt zur Aufhebung von Bürgerrechten und letztlich zur Anwendung von Kriegsrecht im Inneren.
Mit dem Luftsicherheitsgesetz der SPD-Grünen-Bundesregierung, das den Abschuß von Passagierflugzeugen erlaubt hatte, ist Schäubles Vorgänger Otto Schily (SPD) beim Bundesverfassungsgericht kläglich gescheitert. CDU/CSU und SPD sind nicht bereit, die Konsequenz aus dem Karlsruher Urteil zu ziehen und auf den Einsatz von Soldaten als »Hilfssheriffs« zu verzichten.
Es gehe nur um Extremfälle, behauptet die Koalition. Als Begründung wird wie immer bei Gesetzesverschärfungen die »terroristische Bedrohung« angeführt. Der Beteuerung von CDU/CSU und SPD, man wolle nur Ausnahmefälle regeln, glaubt jedoch niemand. Nach der Militarisierung der Außenpolitik durch Gerhard Schröder (SPD) und Joseph Fischer (Grüne) ist der Koalitionsbeschluß vom Sonntag abend der deutliche Einstieg in die Militarisierung der Innenpolitik.