Das UN-Flüchtlingskommissariat hat am Freitag erneut an die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union appelliert, keine Flüchtlinge mehr nach Griechenland »rückzuüberstellen«. Die dortigen Behörden seien überlastet. Zuvor hatte EU-Justizkommissar Jacques Barrot am Mittwoch in Brüssel eine Änderung der sogenannten Dublin-II-Verordnung angekündigt. Die sieht vor, daß jener Staat für Asylverfahren zuständig ist, in dem ein Flüchtling zuerst EU-Gebiet erreicht hat.
Dieses System benachteiligt die am Rande der EU liegenden Staaten und führt dazu, daß jedes Jahr 17000 Menschen von einem EU-Staat in einen anderen zurückgeschoben werden. Speziell Griechenland ist seit langem berüchtigt dafür, humanitäre Standards im Umgang mit Flüchtlingen zu ignorieren. Barrot forderte, das europäische Asylsystem müsse weiterentwickelt werden, um »humanere und fairere Verfahren« zu schaffen. Trotz der bekannten Mängel hat Deutschland in diesem Jahr bereits 199 Asylsuchende nach Griechenland zurückgeschickt.
Künftig sollen Überstellungen von Asylbewerbern entfallen, wenn der nach Dublin II zuständige Aufnahmestaat ohnehin besonderem Druck bei der Aufnahme Asylsuchender ausgesetzt ist. Zudem soll es keine Überstellungen mehr geben, wenn das Land der Erstaufnahme keinen angemessenen Schutz bieten kann. Der Rechtsschutz der Asylsuchenden gegen Überstellungen soll verbessert werden, ebenso die Wahrung der Familieneinheit.
Der Europäische Rat für Flüchtlinge und Exilanten (ECRE) lobte die geplanten Verbesserungen für bestimmte Gruppen wie Opfer von Folter und Vergewaltigung, Ältere und Kinder. Allerdings sei es enttäuschend, daß die Grundregel, wonach ein Asylbewerber seinen Antrag im EU-Land seiner ersten Ankunft stellen müsse, bestehen bleibe.
Barrot kündigte an, daß Asylbewerber spätestens nach sechs Monaten eine Arbeitserlaubnis bekommen sollen. Dies ist bislang erst nach zwölf Monaten möglich – in Deutschland zudem nur dann, wenn weder ein Deutscher noch ein EU-Bürger zur Verfügung steht. Im Entwurf der EU-Kommission heißt es weiter, die Unterstützung von Asylbewerbern solle sich am Sozialhilfeniveau orientieren. Dies könne weiter in Form von Sachleistungen geschehen, den Flüchtlingen müsse aber zusätzlich ein angemessenes Taschengeld zur Verfügung gestellt werden. Mit Blick auf Deutschland kritisierte Barrot, daß es kein geordnetes Verfahren zur Identifizierung besonders gefährdeter Gruppen wie traumatisierter Flüchtlinge gebe.
Konservativen deutschen Politikern gehen Barrots Pläne indes viel zu weit. Die EU-Kommission setze »falsche Signale« und schaffe »Anreize für illegale Zuwanderung«, behauptete etwa Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).