Auf heftige Kritik von Opposition und Bürgerrechtlern ist der Beschluß der Bundesregierung gestoßen, das »Staatsschutz«-Strafrecht zu verschärfen. Wieder einmal hat am Mittwoch nachmittag Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) dem Drängen von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nachgegeben und im Kabinett neuen »Antiterrorgesetzen« zugestimmt. CDU/CSU und SPD wollen künftig schon den Aufenthalt in sogenannten Terrorcamps unter Strafe stellen, wenn dieser mit der Absicht verbunden sei, »eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorzubereiten«.
Die »Vorbereitung eines terroristischen Anschlags« soll mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren besraft werden. Darunter fällt nach dem Entwurf neben einer Ausbildung in einem Camp auch die Beschaffung von Grundstoffen zum Waffenbau oder das Sammeln von Geld zur Finanzierung eines Anschlags. Schließlich wird auch die Veröffentlichung von Anleitungen zum Bombenbau unter Strafe gestellt.
Justizministerin Brigitte Zypries sagte selbst, das Vorhaben sei »verfassungsrechtlich nicht unumstritten«. Die Grundidee des Strafrechts sei es, den Täter für etwas zu bestrafen, was er bereits getan habe. »Nun aber wird jemand schon dafür bestraft, daß er Kontakt zu einer Terrorgruppe aufnimmt oder sich im Umgang mit bestimmten Waffen oder Stoffen schulen läßt. Wir bewegen uns damit sehr weit im Vorfeld einer Tat«, gab die Ministerin zu. Man betrete »juristisches Neuland«. In einer Pressemitteilung der Linksfraktion im Bundestag vom Mittwoch nachmittag hieß es hingegen: »Brigitte Zypries irrt. Die große Koalition betritt mit dem Gesetzentwurf zur Strafbarkeit von Besuchen sogenannter Terrorcamps kein ›juristisches Neuland‹ – sie verläßt schlicht die Grundlagen des Rechtsstaates.« Wenn man nicht mehr eine konkrete Straftat verfolge, sondern bereits die Gesinnung, die zu einer solchen Tat führen könne, öffne man der Verfolgung politisch mißliebiger Personen Tür und Tor. »Wie diese Gesinnung nachzuweisen ist, bleibt das große Geheimnis der Gedankenleser im Bundeskabinett«, erklärte Die Linke.
Möglich seien künftig in diesen Fällen beispielsweise das Abhören von Telefongesprächen, das Filmen von Wohnungen und geheime Onlinedurchsuchungen von Computern durch das BKA, wie das heute schon durch Paragraphen 129a und 129b StGB der Fall sei. Die Linke bleibe dabei: »diese Terrorparagraphen gehören abgeschafft und nicht ausgeweitet«. Der Bürgerrechtler Rolf Gössner kritisierte am Mittwoch abend in der WDR-Sendung »Politikum«, die verfassungsrechtlich bedenkliche »Vorfeldkriminalisierung«. Er warf die Frage auf, wie man beweisen wolle, daß jemand in einem Trainingslager zum Terroristen umgeschult und tatsächlich ein solcher geworden sei? Wenn man sich dabei auf dubiose Erkenntnisse von Geheimdiensten verlasse oder auf Aussagen, die im Ausland unter Folter zustande gekommen seien, wäre dies mit menschenrechtlichen Standards nicht zu vereinbaren. Man habe es mit einem »Gefährdungsdelikt ohne konkreten Tatbezug weit im Vorfeld des Verdachts« zu tun.