Dem Verfassungsschutz gehen offenbar die Spitzel aus. Denn solche werden jetzt schon per Stellenausschreibung unter Erwerbslosen rekrutiert. So erhielt Hartz-IV-Bezieher Thomas Waldbauer (Name von der Redaktion geändert) aus Berlin zu Jahresbeginn über die Agentur für Arbeit ein Angebot des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Gesucht werden Observationskräfte und Truppführer für den mobilen Einsatz. Die Schlapphüte sollten »Interesse an politischen Zusammenhängen« mitbringen, körperlich fit sein und sich einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen lassen. Doch »schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber, von denen nur ein Mindestmaß an körperlicher Eignung erwartet wird, werden bei gleicher Eignung bevorzugt«. Auch Frauen werden ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert, weil sich das Bundesamt für Verfassungsschutz für die berufliche Gleichstellung von Männern und Frauen einsetzt. Erwartet wird in jedem Fall die Bereitschaft, zu ungünstigen Zeiten – auch nachts und am Wochenende – zur Verfügung zu stehen sowie viel Geduld für die Bespitzelung mitzubringen. Dafür winken Spitzeltruppführern eine Beamtenlaufbahn des gehobenen Dienstes und eine Sicherheitszulage. Auch in Köln sind Stellen für Schlapphüte frei. Bis Ende Januar läuft die Bewerbungsfrist.
Eine Nichtbewerbung auf die Stellen könnte unter Umständen zu Sanktionen führen, heißt es aus der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag vom 20. Januar. Voraussetzung sei, daß der Leistungsempfänger bei der Übersendung des Vermittlungsvorschlags über die Rechtsfolgen einer Ablehnung informiert wurde. Absagen könnte dieser eine Bewerbung auf einen Job beim Verfassungsschutz, wenn er dort »mit hoher Wahrscheinlichkeit körperlichen Gefahren ausgesetzt wäre«. Die in der Stellenausschreibung genannte »Sicherheitszulage« sei ein Hinweis darauf, daß dies bei den Jobs als Observationskräfte der Fall sein könnte. Sollte der Arbeitssuchende aus »religiösen oder ethnischen Gründen« eine Bewerbung auf eine angebotene Stelle verweigern, habe er diese Gründe gegenüber der Arbeitsagentur darzulegen.
Aus Sicht der Bundesagentur für Arbeit sei es allerdings »nicht zweckdienlich, wenn Leistungsempfänger ›angehalten‹ werden, sich auf Stellen beim Verfassungsschutz zu bewerben«, heißt es weiter in der Antwort an die Linksfraktion. Die Tätigkeiten bei der Behörde setzten eine starke Identifikation mit der Aufgabe voraus. »Aus diesem Grund sollten die Stellen nur solchen Leistungsempfängern vorgeschlagen werden, die ein Interesse an derartigen Aufgaben haben. Eine Pflicht zur Bewerbung auch für nicht interessierte Leistungsempfänger soll nicht begründet werden.«
Bislang sei 79 »Kunden« eine Stelle aufgrund von Angeboten des Bundesamtes und der Landesämter für Verfassungsschutz offeriert worden, darunter seien aber keine Tätigkeiten als Observationskräfte gewesen.