Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll, wie das Nachrichtenmagazin Spiegel am Wochenende berichtete, nach dem Wunsch der Innenpolitiker von CDU/CSU und SPD weitere Befugnisse erhalten. In der Regierungszeit von SPD und Grünen hatte der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) nach dem 11. September 2001 umfangreiche Gesetzesänderungen zugunsten der Geheimdienste, die sogenannten Otto-Kataloge durchgesetzt. Sein Amtsnachfolger Wolfgang Schäuble (CDU) stattete das Bundeskriminalamt (BKA) mit neuen Kompetenzen wie etwa der Erlaubnis für heimliche Onlinedurchsuchungen von Privatcomputern aus. Nun will die große Koalition erneut zusätzliche Telefonüberwachungen und Datenspeicherungen einführen.
Einig sind sich laut Spiegel CDU/CSU und SPD bereits darüber, daß der BND künftig in Notfällen auch die Telefonanschlüsse von Deutschen im Ausland abhören darf. Neue Lauschbefugnisse soll der Geheimdienst außerdem bei »besonders schweren und strategisch bedeutsamen Fällen der illegalen Schleuserkriminalität« erhalten. Die Unionsfraktion will auch die Verknüpfung der Datenbanken des BND mit denen des Bundesamtes für Verfassungsschutz und den Polizeibehörden erlauben. Damit soll dem Bundesnachrichtendienst, der grundsätzlich nur im Ausland Informationen sammeln darf, ein automatischer Abgleich seiner Erkenntnisse aus abgehörten internationalen Gesprächen mit Personaldaten im Inland ermöglicht werden. Dieser Punkt stößt bei der SPD derzeit noch auf Bedenken, ebenso wie die gesetzliche Regelung der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Abhören von Internettelefonie). Außerdem möchte die Union das bisherige Fundstellenregister Nadis zu einer umfangreichen Datenbank ausbauen.
Nach einem Bericht des Tagesspiegel vom Montag will der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl zudem dem BND die Erlaubnis geben, künftig Daten Jugendlicher zu speichern, damit man auch »minderjährige Dschihad-Propagandisten« erfassen könne. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz soll die Altersgrenze nach den Plänen der Union ebenfalls geändert werden. Personenbezogene Daten sollen statt ab 16 Jahren künftig schon von Minderjährigen ab 14 Jahren gespeichert werden.
Von einer effektiveren Kontrolle der Geheimdienste sowie verbessertem Datenschutz ist bei alldem nicht die Rede. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar und die Eisenbahngewerkschaften Transnet und GDBA verlangten in der vergangenen Woche nach dem Überwachungsskandal bei der Bahn AG ein Datenschutzgesetz für Beschäftigte. Hierfür hat auch die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke längst Vorschläge eingebracht. Eine Sprecherin des zuständigen Bundesarbeitsministeriums erklärte jedoch, es existierten bereits weitreichende Gesetze zum »Arbeitnehmer-Datenschutz«. Bundesinnenminister Schäuble veranstaltete medienwirksam einen »Datenschutzgipfel«, nachdem bekanntgeworden ist, daß die Telekomgewerkschaftsvertreter im eigenen Aufsichtsrat ausgespäht hatte. Ende 2008 legte Schäuble einen Gesetzentwurf zur Reform des Datenschutzes vor. Dagegen läuft aber die Wirtschaft Sturm, weil die Weitergabe persönlicher Daten künftig von der Einwilligung der Betroffenen abhängen soll. Es ist anzunehmen, daß sich die große Koalition hüten wird, das Gesetz noch vor der Bundestagswahl durchzubringen.