Die Debatte um eine Verschärfung des Waffenrechts, die durch den Amoklauf in Winnenden am 11. März 2009 in Gang gekommen war, ist nach einer Schießerei im Landgericht Landshut erneut aufgeflammt. In der niederbayerischen Bezirkshauptstadt fand am Dienstag ein Zivilprozeß wegen eines Erbschaftsstreites statt. Einer der Beteiligten, ein 60jähriger Sportschütze aus Dingolfing, erschoß auf dem Gerichtsflur offenbar gezielt seine 48 Jahre alte Schwägerin, verletzte eine weitere Familienangehörige sowie einen Rechtsanwalt und nahm sich danach mit einem Kopfschuß selbst das Leben.
Zu einem Politikum wurde der Fall dadurch, daß der Täter als Sportschütze drei Waffen legal besaß. Er brachte die Tatwaffe, einen Revolver der Marke Smith & Wesson, von daheim zu der Verhandlung ins Landgericht mit. Erneut erwies sich die bei Diskussionen um Gesetzesverschärfungen von der Waffenlobby stets vorgebrachte Behauptung, die eigentliche Gefahr gehe vom illegalen Besitz aus, als nicht zutreffend. Sowohl in Landshut als auch in Winnenden, wo ein 17jähriger Mann fünfzehn Menschen und sich selbst getötet hat, wurden Waffen aus legalem Besitz verwendet.
Der Bundestag hat sich zwar mit dem Amoklauf von Winnenden in einer aktuellen Stunde befaßt, aber noch keine gesetzgeberischen Konsequenzen daraus gezogen. Auch wenn die Bluttat von Landshut mit Winnenden nicht direkt vergleichbar ist, wurde am Mittwoch doch wieder der Ruf nach Änderungen des Waffengesetzes laut, verbunden mit der Forderung, Gerichtsgebäude stärker abzusichern. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) kündigte die Einrichtung von Sicherheitsschleusen an den Eingängen an. Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Christoph Frank, gab allerdings zu bedenken: »Gerichte sind Dienstleister, die für die Bürger offen sein können. Wir dürfen da deshalb nicht überreagieren.« Exbundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (FDP) warnte vor einem »Oster-Aktionismus« und kritisierte, warum die CSU nicht längst ein Konzept erarbeitet habe, wenn sie jetzt schärfere Kontrollen fordere. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sprach sich ebenfalls gegen Sicherheitsschleusen aus. Die Schüsse von Landshut hätten seiner Meinung nach auch außerhalb des Gerichtsgebäudes fallen können.
Zum Waffengesetz wiederholte Manfred Heidel, Vorsitzender des Arbeitskreises der Polizei für Niederbayern, den schon oft diskutierten Vorschlag, generell eine getrennte Aufbewahrung von Waffe und Munition vorzuschreiben. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kündigte an, nach Ostern werde sich sein Kabinett mit den entsprechenden Regelungen befassen. Die Sicherheit, die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern und deren angemeldeter Bedarf für die Waffe kämen jetzt auf den Prüfstand. Es bleibt abzuwarten, ob sich gegen den massiven Widerstand der Waffenlobby eine Mehrheit im Bundestag findet für ein Verbot, Waffen zu Hause aufzubewahren. Die Fraktion Die Linke hat das in einem Antrag bereits im März gefordert.