Kommentar: Focus-Callboys

Die selbsternannte „Extremismus“-Expertin Kristina Köhler (CDU), fordert gar, der Ältestenrat des Parlamentes solle „die Nuss knacken“, ist aber völlig hilflos.

Was mir konkret vorgeworfen wird: Dass ich zu Beginn eines jeden Jahres die anstehenden, öffentlichen Bundeswehrtermine abfrage – also öffentliche Gelöbnisse, Auftritte des sogenannten „Karriere-Trucks“, die Rekrutierungseinsätze der Zentren für Nachwuchsgewinnung usw. Die Ergebnisse – insgesamt mehrere hundert Termine – veröffentliche ich auf meiner Homepage. Außerdem sende ich sie an antimilitaristische und antifaschistische Organisationen, verbunden mit den besten Wünschen für kreative Ideen, wie der öffentlichen Selbstdarstellung des Militärs öffentlichkeitswirksamer Protest entgegengestellt werden kann.

Meine Motivation hierfür speist sich aus dem Umstand, dass sich die Bundeswehr immer mehr von den Maßstäben der Verfassung entfernt. Die deutsche Militärdoktrin ist aggressiv, erhebt den Anspruch auf weltweite Interventionsfähigkeit, in Afghanistan beteiligt sich die Bundeswehr direkt und indirekt am Töten – da erscheint es mir ein Gebot der Humanität, ihren Rekrutierungsbemühungen im Inland wenigstens einen kleinen Strich durch die Rechnung zu machen.

Und das ist also, glaubt man dem Focus, ein Skandal. „Wehrressort, Präsidium und Ältestenrat des Bundestages finden kein Mittel, das Doppelspiel der Linke-Fraktion zu unterbinden.“ Wieso Doppelspiel? Darf, wer im Parlament sitzt, keinen Kontakt mehr zu außerparlamentarischen Organisationen haben? Verbietet sich für Abgeordnete die Unterstützung von Kundgebungen und Demonstrationen?
Nebenbei erwähnt: Parlamentarische Anfragen werden nicht durch die Platzierung auf meiner Homepage öffentlich – sie sind es sowieso schon, weil sie auf der Bundestagshomepage eingestellt werden. Wem diese Transparenz missfällt, müsste demzufolge gegen den gesamten Bundestag vorgehen.

An sich wäre der Focus-Text ein putziger Vorgang. Allerdings drückt er etwas aus, was DIE LINKE öfter zu spüren bekommt: Normale demokratische Rechte werden ihr nicht zugestanden. Ginge es nach den pseudodemokratischen Redakteuren des Focus, sollten Linke wohl nicht einmal mehr das parlamentarische Fragerecht nutzen können. Was für ein merkwürdiges Demokratieverständnis, das das angebliche Fakten-Blatt hier präsentiert…
Hinter der scheinbaren Widersinnigkeit des Focus steht freilich ein ernsthafter Gedanke: So, wie die Staatsmacht mitunter knüppelnd und Tränengas schießend gegen linke Demonstrationen vorgeht, so soll sie auch gegen Abgeordnete vorgehen, die solche Demonstrationen unterstützen. „Die Nuss knacken“, wie Frau Köhler fordert, die möglicherweise gar nicht weiß, was für eine antidemokratische, ja menschenverachtende Rhetorik sie da von sich gibt.

Die Frage wäre auch zu stellen: Hat die Bundeswehr denn etwas zu verbergen? Ist sie sakrosankt? Ist es nicht legitim, gegen sie öffentlich zu protestieren, wenn sie selbst in die Öffentlichkeit geht?

„Gegen die Animierdame der Linksradikalen hilft anscheinend nichts“, resümiert der Focus. Da freue ich mich natürlich. Die beiden männlichen Redakteure indes entlarven sich selbst. Sie haben fleißig herumtelefoniert und sich „aufzudecken“ bemüht. Dennoch hat ihr Artikelchen nichts zu bieten – da bleiben halt nur obrigkeitshörige und sexistische Stereotype.

Alle Bundeswehrtermine noch einmal hier herunterzuladen, außerdem das Focus-Original.

Callboys.doc

1612038_Militäraufmärsche.pdf