„Um die weiterhin vollkommen undemokratischen Zustände in den Kurdengebieten zu vertuschen, schrecken die türkischen Sicherheitskräfte selbst vor Übergriffen auf ausländische Gäste nicht zurück. Die Türkei ist von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit offensichtlich immer noch weit entfernt.“ kommentiert Ulla Jelpke die Vorfälle. Die Betroffenen wurden in einem Panzerwagen der Jandarma (Polizeieinheiten des Militärs) transportiert und vor laufenden Videokameras verhört. Konkrete, strafrechtlich relevante Vorwürfe lagen den Festnahmen nicht zugrunde. Die Sondereinheiten vernichteten jedoch Fotomaterial, welches belegte, dass die Polizei am Vorabend, im Verlauf von Protesten von Anhängern der pro kurdischen Partei DTP, Basarstände in Brand gesteckt hatte.
Die DTP hatte am Dienstag bei der zuständigen Wahlkommission Einspruch eingelegt, weil Tausende von DTP-Wahlzetteln bei der Kommunalwahl am Sonntag für ungültig erklärt worden waren – und folglich der Kandidat der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP knapp zum Bürgermeister „gewählt“ wurde. In diesem Zusammenhang wurden auch verbrannte Wahlzettel im Müll gefunden. Seitdem kommt es in der Stadt nördlich des Vansees zu Unruhen, bei denen Berichten zufolge auch immer wieder Provokateure der Polizei Gewaltaktionen durchführen, die darauf folgend den Anhängern der DTP angelastet werden. In diesem Zusammenhang wurden am gestrigen Tag auch unbeteiligte, insbesondere alte Menschen, brutal zusammengeschlagen. (siehe Internetvideos). Mehr als hundert Festgenommene wurden in der Haft, nach Informationen von Anwälten, zum Teil schwer misshandelt.
Den festgenommenen Wahlbeobachtern, wurde seitens der Sicherheitskräfte mitgeteilt, dass sie im Falle einer weiteren Dokumentation der Ereignisse nicht vor Übergriffen von Faschisten sicher sein können. Da Polizei und Geheimdienst in den kurdischen Provinzen der Türkei, regional unterschiedlich, von bis zu 30% Anhängern der nationalistisch faschistoiden Partei MHP gestellt werden, kann dies als eine gezielte, indirekte Bedrohung der Unversehrtheit des Lebens der Betroffenen, verstanden werden.
Auf youtube befinden sich zwei Videos, die die zugespitzte Situation in Agri nach der Wahl vom letzten Sonntag dokumentieren: http://www.youtube.com/watch?v=SNPaDbBsj9M