Am heutigen Mittwoch berät der Innenausschuß über einen gemeinsamen Gesetzentwurf von CDU/CSU, SPD und FDP »zur Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes«. Das Gesetz sollte ursprünglich der völlig unzureichenden Beaufsichtigung der Geheimdienste durch Abgeordnete entgegenwirken. Kein einziger der zahlreichen Skandale von BND und Bundesamt für Verfassungsschutz wurde durch das parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) verhindert. Die nachträgliche Aufklärung war meist den Medien und nicht dem Bundestag zu verdanken.
Deshalb hatte die Koalition mit Unterstützung der FDP angekündigt, die Arbeitsbedingungen des PKGr zu verbessern. Im Ergebnis droht aber eher eine Beschneidung von dessen Wirksamkeit. Positiv ist, daß erstmals Mitarbeiter von Abgeordneten für die Durchsicht von Akten einbezogen werden dürfen. Bei öffentlichen Stellungnahmen des geheim tagenden Gremiums soll die Opposition zudem das Recht auf ein Sondervotum bekommen. Diese bescheidenen Reformansätze wurden in einer Sachverständigenanhörung des Innenausschusses am Montag nachmittag zwar gewürdigt, aber es gab auch heftige Kritik.
Professor Christoph Möllers (Universität Göttingen) monierte, daß das PKGr künftig als Instanz im Grundgesetz genannt werden soll. Damit drohe eine Privilegierung dieses Gremiums gegenüber anderen Parlamentsausschüssen. Es bestünde die Gefahr, daß die Bundesregierung künftig noch mehr als bisher im Innen- oder Rechtsausschuß darauf verweisen werde, Auskünfte nur im PKGr zu geben. Die öffentliche Erörterung von bestimmten Sachverhalten werde so verhindert. Dies betreffe insbesondere gemeinsame Aktionen von BND und BKA, für deren parlamentarische Erörterung nach dem Gesetzentwurf das PKGr zuständig wäre. Diesen Punkt kritisierte auch der frühere Justiz-Staatssekretär Rainer Funke als Aufweichung des Trennungsgebotes.
Professor Martin Kutscha (Wirtschafts- und Verwaltungshochschule Berlin) stellte fest, daß für das Gremium künftig nicht die Regeln der Besetzung von Parlamentausschüssen gelten würden. Damit sei nicht mehr sichergestellt, daß jede Fraktion im PKGr vertreten sei. Es sei nicht akzeptabel, daß die Parlamentsmehrheit darüber entscheiden dürfe, wer die Regierung kontrolliere. Insgesamt seien in dem Entwurf die Minderheitenrechte vernachlässigt worden. Nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit könne das PKGr entscheiden, öffentliche Bewertungen abzugeben. »Die Effektivität der Kontrolle« bleibe davon abhängig, ob die Parlamentsmehrheit bereit sei, Licht ins Dunkel zu bringen. Wie zahnlos der Koalitionsentwurf ist, zeigt sich auch daran, daß er erlaubt, bei Streitigkeiten über die Rechte des PKGr das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Dieser neu eingeführte Rechtsschutz kann nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit geltend gemacht werden, kommt also nicht der Opposition zugute. Trotz dieser offenkundigen Schwachpunkte wollen CDU/CSU, SPD und FDP bereits am Freitag im Plenum des Bundestags die zweite und dritte Lesung und damit die Schlußabstimmung durchführen.