Rede von Ulla Jelpke (DIE LINKE.) in der 221. Sitzung des 16. Deutschen Bundestages zu TOP
5. a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Silke Stokar vonNeuforn, Grietje Staffelt, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Informationsfreiheitsgesetz konsequent weiterentwickeln
> Drucksache 16/10880 <
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Vollzug des Informationsfreiheitsgesetzes verbessern
> Drucksache 16/8893 <
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Die Anträge, die zur heutigen Sitzung von den Grünen und von der FDP zur Ausweitung und Verbesserung der Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes vorgelegt wurden, wird die Linksfraktion unterstützen.
(Zuruf von der FDP: Sehr gut!)
Mit diesem Informationsfreiheitsgesetz – hier wurde schon gesagt, dass es in anderen Ländern längst existiert – ist unserer Meinung nach ein wichtiger Schritt getan worden, um mehr Transparenz in Behördenhandeln hineinzubringen. Der geltende Grundsatz, dass behördliche Vorgänge grundsätzlich nicht öffentlich sind, wurde in diesem Gesetz umgekehrt. Das halten wir für richtig.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Mayer, die begründeten Ausnahmen wie die, dass Auskunft in Bezug auf den Ministerkalender verweigert werden darf, müssen meines Erachtens tatsächlich genau belegt werden; so weit zumindest die Theorie.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wie ist das mit Ihrem Demonstrationskalender?)
In der Praxis beobachten auch wir, dass sich die Behörden weiterhin gegen dieses Informationsbegehren der Bürgerinnen und Bürger abschotten. Immer mehr Menschen machen die Erfahrung, dass die Behörden ihnen die beantragte Auskunft verweigern, konkret in über einem Drittel der Fälle. Da werden Informationen als Verschlusssache eingestuft, da werden ganze Bereiche staatlichen Handelns komplett und pauschal von dem Gesetz ausgenommen, und da werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorgeschoben. Wer sich als Bürger oder als Journalist um die Aufklärung eines Bauskandals bemühen will, stößt allzu oft auf geschlossene Aktenschränke, weil angeblich die Rechte von Dritten verletzt werden.
Dafür ein Beispiel: In meinem Büro hat sich voriges Jahr ein Student gemeldet, der vom Bundeskriminalamt die Lagebilder zur Korruptionsbekämpfung haben wollte. Sie sind ihm verweigert worden, weil sie angeblich Rückschlüsse auf die Polizeitaktik zuließen. Interessanterweise hat das BKA diese Details aber bisher auf seiner Homepage veröffentlicht. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum jetzt plötzlich dieses im Wesentlichen statistische Material diesem Menschen nicht mehr zugänglich gemacht werden soll.
Dieses Beispiel zeigt zweierlei: Die Begründungen für die Auskunftsverweigerung sind für die Bürgerinnen und Bürger in der Regel kaum nachvollziehbar. Zudem ist der Sinn des Gesetzes bei den Behörden noch nicht angekommen. Sie versuchen sich weiterhin geheimniskrämerisch zu betätigen. Bürgerinnen und Bürger, die Akten einsehen und Informationen haben wollen, werden als lästige Störenfriede behandelt, die eine Gefahr für die jahrzehntelang geübte Behördenroutine darstellen.
Meine Damen und Herren,
man muss sich noch aus einem anderen Grund fragen, ob das Gesetz seinen Namen überhaupt verdient: Die Informationen sind frei, aber sie können teuer sein. Die staatlich veranschlagte Gebührentabelle für die Informationserteilung reicht bis zu vierstelligen Beträgen. Aus Sicht der Fraktion Die Linke reichten niedrige Schutzgebühren völlig aus, um einer etwaigen Missbrauchsgefahr vorzubeugen.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist also einiges zu tun, um Transparenz und öffentliche Kontrolle von Behördenhandeln in der Bundesrepublik zu verbessern. Eine Rückkehr zur obrigkeitsstaatlichen Geheimniskrämerei muss auf jeden Fall verhindert werden. Daher begrüßen wir die vorliegenden Anträge.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die Gebühren sind gedeckelt!)
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