Daher bedienen Unionspolitiker jetzt nahezu täglich die kleinbürgerlichen Ängste ihrer Wählerschaft, um bis hinein in den rechten Rand Stimmen zu fischen.
Ganz ähnlich agierten CDU und CSU bereits im Frühjahr 2009, als sie im Bundestag eine »Visa-Warndatei« durchsetzen wollten. Bürgerinnen und Bürger, die völlig legal Gäste aus dem Ausland zu einem Besuch nach Deutschland einladen, sollten in dieser Datei erfaßt werden – um Mißbrauch vorzubeugen. Nachdem absehbar war, daß eine solche verdachtslose Speicherung im Bundesrat keine Mehrheit finden würde, verzichtete die Koalition schließlich auf das Vorhaben. Die Unionsparteien kündigten aber bereits einen neuen Vorstoß für die nächste Legislaturperiode an.
Besonders tief greift derzeit die CSU in die rechtspolitische Mottenkiste. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) fordert im Wahlkampf eine weitere Verschärfung der Sicherungsverwahrung. Dabei haben CDU/CSU und SPD unter Federführung von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) die Regelungen für das dauerhafte Wegsperren von Straftätern ohnehin schon so weit ausgedehnt, daß erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel bestehen. So ist etwa die nachträgliche Sicherungsverwahrung bei Heranwachsenden kaum mit dem grundgesetzlichen »Übermaßverbot« vereinbar.
CSU-Innenminister Joachim Herrmann aus Bayern wollte gegenüber seiner Kollegin Beate Merk nicht zurückstehen und verlangte am Mittwoch schärfere Gesetze und höhere Strafen wegen angeblich zunehmender Gewalt gegen Polizisten. Abgesehen davon, daß es hier gar keine Lücke im Strafgesetzbuch gibt, besteht in der Praxis eher das Problem, daß Übergriffe von Beamten beispielsweise auf Demonstranten kaum geahndet werden. Beharrlich weigern sich CDU und CSU, die Forderung der Linken, Polizisten im Einsatz durch Namensschilder kenntlich zu machen, zu verwirklichen.
Der neueste »Baustein« der konservativen rechtspolitischen Offensive ist die Forderung eines härteren Vorgehens gegen Sexualstraftäter. Dieses Thema hat auch die neofaschistische NPD längst entdeckt. Da alle gleichermaßen zeigen wollen, daß sie konsequent gegen solche Straftäter vorgehen wollen, eignet sich aus Sicht von CDU und CSU das Thema besonders gut für den Wahlkampf. Die Unionsparteien wollen die nächste Bundesratssitzung nutzen, um sich in Szene zu setzen. Geht es nach ihnen, soll Kindesmißbrauch künftig nicht mehr als Vergehen, sondern als Verbrechen bestraft werden, wie Bayerns Justizministerin Merk ankündigte. »Ich habe es satt, daß immer wieder das Freiheitsrecht der Täter betont wird«, polterte sie. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte zugleich »eine bundesweite Warndatei für Kinderschänder und Sexualstraftäter«. Das bayerische Kabinett werde sich am 16. September mit dem Thema befassen.