Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich für eine gesetzliche Regelung zum Arbeitnehmerdatenschutz ausgesprochen. Sie will unter anderem vorschreiben, welche Fragen bei Bewerbungsgesprächen generell unzulässig sind, »damit dann Arbeitgeber genau wissen, was sie dürfen und was sie nicht dürfen«, erklärte Leutheusser-Schnarrenberger am Montag im Deutschlandradio Kultur.
Nach den ständigen Skandalen der letzten Jahre bei Großunternehmen wie Lidl, Deutsche Telekom und Deutsche Bahn ist ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz längst überfällig. Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD hatte sich nach zwei öffentlichkeitswirksamen »Datenschutzgipfeln« im September 2008 und Februar 2009 nur auf eine Mininovelle des Bundesdatenschutzgesetzes geeinigt, in dem sich lediglich ein einziger, sehr allgemein gehaltener Paragraph zu den Rechten der Beschäftigten fand (§32 BDSG): »Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.« Im September 2009, also kurz vor Ende der Legislaturperiode, legte Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) einen eigenen Entwurf vor. In den elf Jahren, die die SPD das Bundesarbeitsministerium führte, hatte sich bei dem Thema nichts getan.
Die neue Koalition aus CDU/CSU und FDP fällt allerdings hinter den Scholz-Entwurf zurück, denn von einem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz ist nun nicht mehr die Rede. Die Regierungsparteien haben sich nur darauf geeinigt, im Bundesdatenschutzgesetz ein eigenes Kapitel vorzusehen.
Offenbar wird der Stellenwert des Datenschutzes für abhängig Beschäftigte von der Koalition nicht besonders hoch eingeschätzt. Vor allem aber sind die konkreten Inhalte noch unklar. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sprach nun davon, daß Arbeitgeber »kein absolutes Auskunftsrecht« hätten. Bestimmte Fragen seien generell unzulässig, etwa die Frage, ob eine Frau entbunden habe oder ob sie Verhütungsmittel nimmt.
Der federführend zuständige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hält sich bisher völlig bedeckt. Das »Hü und Hott« der Regierung beim Arbeitnehmerdatenschutz wurde daher von Jan Korte, Datenschutzbeauftragter der Fraktion Die Linke, heftig kritisiert. »Im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer« brauche man »endlich ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz, das überwachungssüchtige Arbeitgeber in die Schranken weist«.
Während die genauen Pläne der Bundesregierung noch unklar sind, enthielt ein Antrag der Fraktion Die Linke aus der letzten Legislaturperiode bereits präzise Formulierungen. Die Linke verlangte »Grundsätze der Erhebung, Speicherung, Veränderung, Übermittlung und Nutzung, Sperrung und Löschung personenbezogener Daten von Beschäftigten« und legte einen umfangreichen Forderungskatalog vor.
Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar nannte am Dienstag im Tagesspiegel einige Beispiele. Seiner Meinung nach sollten die durch Bluttests gewonnenen medizinischen Daten nur erhoben und gespeichert werden dürfen, wenn dies für bestimmte Anforderungen an einem Arbeitsplatz notwendig ist. »Jemand, der Arzt oder Pilot werden will, muß mehr Auskünfte über sich selbst zulassen als jemand, der im Sekretariat arbeiten will«, stellte Schaar klar. Es dürfe keine »Standardtests« geben. Auch diskriminierende Fragen nach sexueller Orientierung oder Gewerkschaftszugehörigkeit müßten unterbleiben. DGB-Sprecherin Claudia Falk erklärte, man müsse vor allem das gezielte Überwachen am Arbeitsplatz und im privaten Umfeld wie etwa die Kontrolle von Telefongesprächen oder den Datenabgleich von Kontennummern verbieten.