In Berlin feierte gestern »Europas modernste Geheimdienstzentrale« ihr Richtfest. Der Bundesnachrichtendienst (BND) will bis Ende 2014 seinen Sitz vom beschaulichen Pullach nach Berlin-Mitte verlegen. Die Kosten hierfür– inklusive Umzug und technischer Ausstattung– werden auf eineinhalb Milliarden Euro geschätzt. Für unsere »Sicherheit« ist wohl nichts zu teuer.
Es handelt sich nicht um einen beliebigen Umzug von A nach B. Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) erwartet, durch die Nähe zur Bundesregierung werde auch das gegenseitige Verständnis wachsen. Das kann man sich vorstellen: Die Geheimdienstler des BND werden noch häufiger mit ihren Kollegen aus anderen NATO-Staaten, Politikern und Militärs in informellen Gremien kungeln. Keine Sorge mehr vor abgehörten Telefongesprächen, keine Mühe mit verschlüsselten E-Mails: Vier-Augen-Gespräche über sämtliche, auch gesetzlich auferlegte, Grenzen hinweg werden jetzt noch einfacher. Ein Zugewinn an Kontrolle und Transparenz ist jedenfalls nicht zu erwarten, dafür müßten die Gebäude der Pullacher ersatzlos abgerissen werden.
Daß der BND faktisch außerhalb der bundesdeutschen Verfassungsordnung steht, bekam er nun auch vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Die Sonderstellung ist durchaus doppelt zu verstehen. Das Gericht hatte vor drei Jahren festgestellt, daß die Bespitzelung des Berliner Journalisten Andreas Förster (Berliner Zeitung) durch den Auslands(!)-Geheimdienst rechtswidrig war und die Pressefreiheit verletzte. Förster hat sich einen Ruf als investigativer Journalist in Sachen Geheimdienste erworben.
Als publik wurde, daß Förster selbst bespitzelt wurde, versiegten allerdings etliche seiner Informationsquellen. Welcher Informant spricht schon gern mit einem, der bekanntermaßen abgehört wird? Also verlangte Förster, der BND müsse offenlegen, aus welchem Personenkreis heraus er bespitzelt wurde. Der Dienst weigerte sich und bekam nun Recht. Die Leipziger Richter folgten der Geheimdienstargumentation, bei einer Auskunftserteilung sei »die Ausforschung der Arbeitsweise des Bundesnachrichtendienstes zu befürchten«. Das darf natürlich nicht sein. Gälte so eine Rechtsauffassung doch auch für Bankräuber: Ein verbrieftes Recht auf Geheimhaltung der Arbeitsweise, um der eigenen kriminellen Struktur auch in Zukunft derlei Aktionen zu ermöglichen.
Doch halt – der gewichtige Unterschied lautet: Der BND dient der Sicherheit. Nicht der von kritischen Journalisten. Nicht der von Einwohnern Bagdads, die während des Irak-Krieges mit Hilfe von BND-Offizieren von den USA beschossen wurden. Nicht der von Bürgern, die an die CIA verkauft und jahrelang in Guantánamo festgehalten wurden. Nur der »nationalen«, sprich der Sicherheit des Kapitals.