Nachdem die selbsternannte »Extremismus«-Jägerin Kristina Schröder (CDU) vom Familienministerium aus verkündet hat, die Gelder für Programme gegen Neofaschismus seien besser im Kampf gegen »Linksextremismus« angelegt, will Innenminister Thomas de Maizière (CDU) nun nachlegen und anhand der Jahresbilanz 2009 zur »Politisch Motivierten Kriminalität« aufzeigen: Die Linken haben die Nazis in puncto Gewaltbereitschaft überholt.
Es ist ja so einfach: Auf zunehmende Naziaufmärsche und wachsende neofaschistische Gewalt reagiert der Staat wie das Kaninchen vor der Schlange (Beispiele klammheimlicher Sympathie einmal ausgenommen). Ob im Westen oder im Osten, in Dortmund wie in Dresden: Daß die von den Nazis angekündigten Großdemonstrationen in der Vergangenheit gescheitert sind, liegt nicht am energischen Einschreiten der staatlichen Behörden. Es liegt vielmehr an der beherzten Zivilcourage Tausender Bürgerinnen und Bürger, die sich das Recht herausnehmen, sich im wahrsten Sinn des Wortes querzustellen: Auf der Straße, den Nazis in den Weg.
Doch statt diesen Mut zu honorieren, setzt die Staatsmacht oft genug ihre Wasserwerfer und Schlagstockeinheiten gegen die antifaschistischen Demonstranten ein. Wer sich widersetzt, wird flugs zum »linksextremen Gewalttäter«. Und schon stimmt die Statistik wieder.
De Maizière beklagt in der Welt, es sei empörend, wenn Polizisten, die das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schützen wollten, »Opfer von Gewalt werden«. Das wäre empörend, wenn es so wäre. Aber die Erfahrung vieler linker Demonstranten ist eine ganz andere. Auch eine Studie an der Berliner FU zur »Mai-Randale« ergab, daß die Polizei zur Gewalteskalation beiträgt. Dennoch soll das Strafrecht verschärft werden: Gewalt gegen Polizisten soll nun – als sei sie nicht eh schon, wie jede Gewalt, verboten – als Extra-Straftatbestand gelten.
Ein Teil der »linken« Gewalt ist provoziert, ein anderer Teil wird frech herbeigeredet: De Maizière schlägt die Zündeleien an Autos in Hamburg und Berlin pauschal »den Autonomen« zu. Dabei hat die Berliner Polizei selbst schon eingeräumt, daß sie in der Mehrzahl von unpolitischen Tätern ausgeht. Dennoch werden sie benutzt, um Stimmung gegen Linke zu machen. Die Justiz folgt und sperrt linke Aktivisten in U-Haft – bis sich nach vielen Monaten ihre Unschuld herausstellt. Es wird schon etwas hängenbleiben, so die Logik.
Der Kapitalismus ist in der Krise. Die Menschen könnten wach werden und an ihm zweifeln. Dagegen setzt de Maizière seinen eigenen »Weckruf«: Eine verlogene Propaganda, die jeglichen systemkritischen, linken Ansatz diffamieren und in die Gewalttäter-Ecke rücken soll.