Der Bild-Zeitung war es am Freitag einen Platz auf der Titelseite wert: Die EU-Kommission will das Asylrecht in Europa auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Nicht, daß diese Absicht neu wäre – entsprechende Verabredungen gibt es seit über zehn Jahren. In den letzten Monaten hat die Kommission einige Änderungen vorgeschlagen, wie das konkret aussehen könnte. Bild interpretiert sie erstens falsch und zweitens rassistisch: »Asylbetrüger dürfen bleiben«. Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU) versicherte dem Blatt, die Bundesregierung werde gegen die EU-Pläne Widerstand leisten, damit »unser bewährtes Asylrecht im Kern nicht angetastet wird«. Womit er die restriktiven Regelungen meinte, die infolge des sogenannten Asylkompromisses 1993 eingeführt worden waren.
Daß die EU bei der Flüchtlingspolitik einem Flickenteppich – bzw. einer großen Lotterie – gleicht, ist unbestritten: Die Anerkennungsquoten der einzelnen Staaten schwanken für die gleiche Flüchtlingsgruppe zwischen null und fast 80 Prozent. Darauf hat erst vor wenigen Wochen UN-Flüchtlingskommissar António Guterres hingewiesen. Die deutschen Regelungen sind teilweise so streng, daß die geplante EU-weite Harmonisierung Verbesserungen für Flüchtlinge mit sich bringt. Dagegen laufen Bild und Innenministerium Sturm. Bild behauptete am Freitag zum Beispiel, daß Asylbewerber künftig den gleichen Sozialhilfesatz wie Deutsche bekommen sollen. Dieser Vorschlag ist allerdings schon im vorigem Jahr von rechten Hardlinern verhindert worden.
In einer Reihe von Richtlinien hat die Kommission unter anderem vorgeschlagen, einen eingeschränkten Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge künftig nach sechs Monaten zu gewähren (bisher zwölf Monate nach deutschem Recht). Verbessert werden soll der »subsidiäre« Schutz von Flüchtlingen, die nicht unmittelbar politisch verfolgt sind, aber denen im Heimatland grausame Behandlungen oder Verletzung in Bürgerkriegen drohen Minderjährigen soll generell kostenloser Rechtsbeistand gewährt werden, Traumatisierte sollen besseren Zugang zu Behandlungen finden und im Anhörungsverfahren geschont werden. Der Rechtsschutz gegen Behördenentscheide soll verallgemeinert werden und auch bei sogenannten Rückschiebungen nach dem Dublin-II-Verfahren gelten.
Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl kritisierte am Freitag die Blockadepolitik der Bundesregierung. Diese versuche seit langem, »die fortschrittlichen Elemente der Richtlinien zu torpedieren und humanisierende Elemente wie verbesserte Verfahrensgarantien für Asylsuchende als Untergang des Abendlandes zu stilisieren«. Über das Asylrecht beraten die EU-Innenminister kommenden Donnerstag bei einem informellen Treffen in Brüssel.