Der aberwitzige Vorschlag aus Polizeikreisen sowie von einigen Politikern der CDU und CSU, die Namen, Adressen und Fotos von Personen, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, im Internet zu veröffentlichen, wird nach einer Emnid-Umfrage von einer Mehrheit der Deutschen befürwortet. Wie die Bild am Sonntag meldete, sprachen sich 53 Prozent der Befragten dafür aus.
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verstößt die deutsche Regelung zur Sicherungsverwahrung teilweise gegen das Rückwirkungsverbot. Es geht um die Verurteilten, bei denen noch die Regelung gegolten hat, daß die Sicherungsverwahrung spätestens nach zehn Jahren zu beenden ist. Sie hätten längst freigelassen werden müssen. Die Zehn-Jahres-Frist wurde aber rückwirkend aufgehoben. Das wurde vom EGMR im Dezember 2009 beanstandet. Nunmehr müssen also die Betroffenen, die teilweise zwei Jahrzehnte und noch länger »weggesperrt« waren, freigelassen werden. Schätzungen gehen von achtzig bis hundert Fällen aus. Bundesweit ist bisher bei vierzehn Verurteilten die Sicherungsverwahrung aufgehoben worden.
Seither hat eine scharfe Debatte über die Neuregelung der Maßnahme eingesetzt. Aus der Bundesregierung kam wegen der bevorstehenden Entlassungen der Vorschlag einer satellitengestützten Dauerüberwachung des Aufenthaltsortes mittels einer elektronischen Fußfessel. Noch weiter ging Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft: »Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, wo sich entlassene Schwerkriminelle befinden«, behauptete Wendt. Er verlangte die Veröffentlichung der Daten Entlassener im Internet. Unterstützung hierfür kam vom CDU-Innenpolitiker Reinhard Grindel, der prüfen lassen wollte, ob Name, Anschrift und Foto von Sexualstraftätern künftig auf Internetseiten der Polizei öffentlich gemacht werden können. Ähnlich äußerte sich der CSU-Rechtspolitiker Norbert Geis, nach dessen Meinung »ein Hinweis im Internet über den Wohnort von gefährlichen und noch immer frei herumlaufenden Sexverbrechern« dem Schutz der Bevölkerung dienen könne.
Gegen einen Internet-Pranger wandte sich dagegen der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg. »Der Pranger war ein Instrument des Mittelalters und entspricht nicht unseren heutigen rechtsstaatlichen Grundsätzen«. Auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte sich gegen seine Parteifreunde. Die Oppositionsparteien übten scharfe Kritik. Der Internet-Pranger ist daher hoffentlich im Bundestag nicht mehrheitsfähig.