In Zukunft wird der Verfassungsschutz entscheiden, wer Fördermittel aus den Bundesprogrammen gegen Rechtsextremismus erhält. Organisationen, die mit linken Gruppierungen kooperieren, droht der Entzug der Fördermittel. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hält die Bundesregierung an ihrer »Antiextremismusklausel« fest, unbeirrt von einem Gutachten, das ihrem Vorgehen Verfassungsfeindlichkeit bescheinigt. Die geförderten Organisationen müssen nicht nur ihre eigene Treue zum Grundgesetz beteuern, sondern darüber hinaus zusichern, keinesfalls mit »extremistischen« Strömungen zu kooperieren. Gemeint sind damit linke, antifaschistische Projekte. Bei Weigerung oder einem »Verstoß« drohen Geldentzug und die Forderung nach Rückzahlung. Zur Kontrolle der Verfassungstreue gibt es eine »Regiestelle« beim Bundesamt für den Zivildienst (BAZ), die eng mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz zusammenarbeitet.
Die Projekte müssen zusichern, die Verfassungsschutzberichte auszuwerten. Diese sind äußerst anfechtbar, werden sie doch gerne als parteipolitisches Instrument genutzt, um politische Gegner zu diskreditieren – gerade im Fall der Linkspartei. Die wird in manchen Bundesländern in den Berichten erwähnt, in manchen nicht. Wie auch die VVN-BdA handle es sich bei der Linkspartei um eine »heterogene« Vereinigung, heißt es in der Regierungsantwort. »Wenn im Einzelfall Unklarheiten bestehen, kann eine Rückfrage des Trägers beim Land oder beim Bund der richtige Weg sein.« Ob die Linkspartei Partner sein darf, entscheidet also die Bundesregierung. Die läßt sich nicht davon beirren, daß mancher Eintrag in den Verfassungsschutzberichten rechtswidrig ist – unlängst hat sich das antifaschistische Dokumentationsarchiv aida aus dem bayerischen Bericht herausgeklagt. Doch der Geheimdienst soll das letzte Wort behalten: »Eine Erwähnung schließt eine Zusammenarbeit in der Regel aus«, lautet die Vorgabe.
Der Berliner Staats- und Verwaltungsrechtler Ulrich Battis hat vorige Woche in einem Gutachten die Verfassungswidrigkeit der Klausel festgestellt. Zwar könne der Staat von Fördermittelempfängern ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung einfordern. Aber daß sie auch für die Verfassungstreue ihrer Partner »Sorge tragen« sollen und daß »keinesfalls der Anschein erweckt werden« dürfe, es werde extremistischen Strukturen »Vorschub geleistet«, gehe zu weit, weil es hierfür keine präzise rechtliche Bestimmung gebe. Für die Fördermittelempfänger bleibe unklar, was genau von ihnen erwartet werde. Battis sieht daher einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes.
Zudem begründeten solche Kontroll- und Überwachungspflichten eine erhebliche Belastung und »schaffen ein Klima des Mißtrauens« zwischen den Projektträgen, schließt Battis. Zu Recht, denn Denunziation scheint erwartet zu werden: Die »Regiestelle« beim BAZ werde Hinweise auf Verstöße von Zuwendungsempfängern oder deren Partnern entgegennehmen und prüfen, läßt die Regierung wissen. Im Gegensatz zum sächsischen Innenministerium, das seine Bedingungen nun umschreiben will, lehnt das Familienministerin von Kristina Schröder (CDU) jede Änderung ab. Schröders »absurder Extremismuswahn« zerstöre »die letzten Reste der zivilgesellschaftlichen Ausrichtung«, mit der die Programme einmal angetreten seien, kritisierte die Linksfraktion gestern in einer Presseerklärung.