Die noch von der Großen Koalition beschlossene anlaßlose Vorratsdatenspeicherung wurde im März vorigen Jahres vom Bundesverfassungsgericht verworfen. Bis dahin wurde von allen 80 Millionen Einwohnern gespeichert, wann, mit wem und wie lange sie telefoniert bzw. E-Mails ausgetauscht haben. Leutheusser-Schnarrenberger hatte selbst zu den Klägern gegen dieses Überwachungsprojekt gezählt. Sie will nun nicht mehr die Verbindungsdaten von allen, sondern nur noch von verdächtigen Personen bzw. Unternehmen protokollieren lassen, mit einer Ausnahme: Internet-Verkehrsdaten sollen »aus technischen Gründen« sieben Tage lang gespeichert werden, weil nur so die Zuordnung sogenannter dynamischer IP-Adressen zu konkreten Personen möglich sei. Die Polizei soll dabei aber keinen Einblick darin erhalten, welche Internetseiten die Nutzer aufrufen.
Bei der Erfassung von Verbindungsdaten verdächtiger Personen sind die Hürden laut Leutheusser-Schnarrenberger »niedrig angesetzt«. Es genügt der Wille zur »Erforschung eines Sachverhalts«, der Verdacht muß in keiner Weise präzisiert werden. Jede Polizeibehörde kann Telekommunikationsunternehmen eine »Sicherungsanordnung« erteilen, ohne daß die Betroffenen davon erfahren und Widerspruch einlegen können. Die Verbindungsdaten werden dann ab dem Zeitpunkt der Anordnung gespeichert (sogenanntes »Einfrieren«). Über die Weitergabe der Daten an die Polizei soll ein Gericht entscheiden. Auf die Bedürfnisse von Anwälten, Ärzten und Journalisten auf Vertraulichkeit wird keine Rücksicht mehr genommen. Auch auf eine Befristung der »Sicherungsanordnung« wird verzichtet, es heißt nur unverbindlich, die Frist müsse »so kurz wie möglich und so lang wie nötig bemessen« sein.
Trotz ihrer Bereitschaft, den Datenschutz einzuschränken, hat Leutheusser-Schnarrenberger den Groll ihres Koalitionspartners auf sich gezogen. CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl kritisierte die Pläne als »nicht ausreichend«.