Mit einem von antifaschistischen Protesten begleiteten Festakt in Berlin-Lichtenberg hatten Mitte Januar die beiden größten rechten Parteien in der Bundesrepublik, die Nationaldemokratische Partei (NPD) und die Deutsche Volksunion (DVU) ihre Fusion gefeiert. Während die NPD weitestgehend geschlossen hinter dem Zusammenschluß zu stehen scheint, sei zumindest in Teilen der DVU erheblicher Widerstand zu erkennen, antwortete die Bundesregierung Ende vergangener Woche auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem Vorgang.
So wurde der Vereinigungsprozeß zur »NPD – Die Volksunion« nach einer Klage von fusionskritischen DVU-Mitgliedern vom Landgericht München I mit Beschluß vom 25.Januar gestoppt. Dem DVU-Bundesvorsitzenden Matthias Faust wurde damit untersagt, den Verschmelzungsantrag mit der NPD zu unterschreiben. Das Landgericht München bestätigt in seiner einstweiligen Verfügung »erhebliche, mit den Anforderungen an demokratische Abstimmungen unvereinbare Mängel« bei der Urabstimmung über die Vereinigung innerhalb der DVU. Vor deren Parteitag im Dezember seien zudem in statutenwidriger Weise NPD-Mitglieder in die Partei eingetreten, um mit abzustimmen, kritisierten mehrere Funktionäre der DVU.
Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Parteienfusion ergeben sich auch aus einigen der mehr als 60000 internen E-Mails von NPD-Politikern, die dem Nachrichtenmagazin Spiegel und weiteren Medien von unbekannter Seite zugespielt wurden. Ein baden-württembergischer Funktionär der Neonazi-Partei bot an, gegen 524 Euro inklusive Verpflegung seine neunköpfige »Kampfgruppe Schwäbisch-Hall« zum Verschmelzungsparteitag zu bringen. Für seine mitreisende Freundin erbat der Funktionär einen «zurückdatierten DVU-Ausweis und eine zurückdatierte Einladung«. Gegenüber dem Spiegel bezeichnete Faust dieses Angebot als einen »Scherz«. Er habe keine zurückdatierten Ausweise beschafft.
Hinweise dafür, daß die Vereinigungsgegner eine eigene Partei gründen wollen, sieht die Bundesregierung in ihrer Antwort nicht. Vielmehr gäbe es Anzeichen für eine anderweitige Neuorientierung. So seien der Vorsitzende des DVU-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, Max Branghofer, und sein Sohn Gerald seit dem 1.Februar Mitglieder in der rechtspopulistischen Islamhasser-Truppe Pro NRW geworden.
Die »vermutlich geringe Anzahl« von Neumitgliedern aus der DVU wird nach Einschätzung der Regierung nichts an der programmatischen und politischen Zielstellung der NPD verändern und auch keinen Einfluß auf die Flügelkämpfe innerhalb der Partei haben. Auseinandersetzungen innerhalb der NPD in der jüngsten Vergangenheit gründen demnach nicht auf inhaltlich-ideologische, sondern auf taktischen-strategische Divergenzen, die durch persönliche Rivalitäten noch verschärft würden.
Der Verschmelzungsprozeß von NPD und DVU wurde nach Kenntnis der Bundesregierung von zwei Rechtsanwälten, darunter dem »für die NPD bereits in mehreren Verfahren in Erscheinung getretenen Szeneanwalt Carsten Schrank« juristisch begleitet. Laut »Bekanntmachung von Rechenschaftsberichten politischer Parteien« hatte die NPD nach eigenen Angaben Ende 2008 6782 Mitglieder und die DVU 6180. Die NPD stellt in Mecklenburg-Vorpommern sechs und in Sachsen acht Abgeordnete in den Landesparlamenten. Bundesweit verfügt sie zudem über rund 330 Kommunalmandate, davon rund drei Viertel in den neuen Bundesländern. Demgegenüber kann die DVU gerade einmal 36 Kommunalmandate ebenfalls vor allem in den neuen Bundesländern vorweisen.