Der Verfassungsschutz betreibt derzeit ein Projekt mit dem Titel „Verstärkte Aufklärung der gewaltbereiten Szenen durch menschliche Quellen.“ Die Bundesregierung bestätigt, sie wolle den Einsatz von „Vertrauensleuten“ in der linken Szene ausweiten, weil dies „eines der effektivsten nachrichtendienstlichen Mittel zur Informationsbeschaffung“ sei.
Gerade erst haben wir anhand der Affäre um den britischen Polizeispitzel Mark Kennedy alias Stone erfahren, wie lückenhaft die Kontrolle solcher Spitzel ist. Kennedy hat jahrelang die linke Szene in Europa unterwandert und dabei nicht nur zu Straftaten angestachelt, sondern auch selbst welche begangen, wie etwa das Anzünden von Mülltonnen am Rande von Demonstrationen. Sein Einsatz geriet völlig außer Kontrolle. Wenn der Verfassungsschutz nun sein Spitzelprogramm ausweitet, sind noch mehr „Kennedys“ vorprogrammiert, das heißt noch mehr Straftaten im Namen der Staatsräson, noch mehr Überwachung linker Organisationen und noch mehr Abbau demokratischer Rechte.
Nicht minder abenteuerlich ist die Behauptung der Bundesregierung, ihre sogenannte „Gesamtkonzeption zur Bekämpfung der politisch motivierten Gewaltkriminalität“ – die sie unter Verschluss hält – sei notwendig, um angebliche „Gewaltexzesse“ linker Gruppen zu bekämpfen. Den Nachweis solcher „Exzesse“ bleibt sie schuldig. Heuchlerisch ist zudem ihre Rechtfertigung, man müsse gegen Antifa-Gruppen vorgehen, weil deren Proteste gegen Nazi-Aufmärsche „eventuell vorhandene bürgerliche Proteste zu diskreditieren“ drohten. Dabei haben vorigen Monat in Dresden linke Organisationen gemeinsam mit anderen politischen Spektren den Naziaufmarsch erfolgreich verhindert. Nur CDU und FDP waren nicht dabei – diese versuchen vielmehr, die Linken zu kriminalisieren und gehen in Sachsen sogar mit dem Paragraphen 129 („kriminelle Vereinigung“) gegen das Bündnis „Dresden Nazifrei“ vor. Letztlich geht es der Bundesregierung und den sie tragenden Parteien nur darum, linke Proteste zu kriminalisieren. Damit stärken sie nicht den Rechtsstaat, sondern allenfalls die Nazis.
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