Rede zu TOP 18 der 96. Sitzung des 17. Deutschen BundestagesBeratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN „Weitere iranische Flüchtlinge aus der Türkei in Deutschland aufnehmen“ auf BT-Drucksache 17/2439
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
Der vorliegende Antrag der Grünen-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, sich bei den Bundesländern für die Aufnahme von iranischen Oppositionellen einzusetzen, die in die Türkei geflüchtet sind. Diese Oppositionellen sind dort vom UNHCR als Flüchtlinge registriert worden, bekommen aber in der Türkei kein Aufenthaltsrecht. Denn die Türkei hat die Genfer Flüchtlingskonvention nur unter Vorbehalt ratifiziert. Sie behält sich vor, nur Flüchtlinge aufzunehmen, die aus Europa kommen. Fast alle politisch Verfolgten aus den Nachbarländern der Türkei, von Armenien bis Syrien, benutzen die Türkei deshalb lediglich als Transitland, um in die EU zu gelangen.
Anrede,
Die Grünen fordern außerdem von der Bundesregierung, sich gegenüber der Türkei für die Wahrung humanitärer Grundsätze im Umgang mit den iranischen Flüchtlingen einzusetzen. Warum nur den iranischen, möchte ich an dieser Stelle fragen. Da greift der Antrag der Grünen doch arg zu kurz.
Die Frage ist auch, in wie fern hier mit einem Appell an die Bundesregierung der Bock zum Gärtner gemacht wird. Denn es ist diese Bundesregierung, die dem Abschluss eines Rückübernahmeabkommens zwischen der EU und der Türkei im EU-Rat der Innenminister ihre Zustimmung erteilt hat. Danach soll die Abschiebung von Menschen, die über die Türkei illegal in die EU eingereist sind, erleichtert werden. Wir wissen alle, welche Menschen das betreffen wird: Schutzsuchende aus dem Iran, Irak, Syrien, aus Afghanistan und Pakistan, aus Somalia und Eritrea. Für sie gibt es keinen legalen Weg in die Europäische Union, er führt über das Mittelmeer oder die türkisch-griechische Landgrenze. Die wird bekanntlich gerade mit Hilfe der EU-Abschottungsagentur FRONTEX dicht gemacht.
Die Türkei wird also ihre Bestrebungen erhöhen, diesen Menschen den Transit in die EU über ihr Territorium zu erschweren. Dafür bekommt sie auch die Hilfe der EU und der Bundesrepublik. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage von mir hervorgeht, soll die Türkei unter anderem beim Aufbau von sieben neuen Auffanglagern unterstützt werden. Die Bundespolizei hilft den türkischen Grenztruppen, die dort zur Armee gehören, ihre Grenzüberwachung zu perfektionieren.
Anrede,
Leider fehlt dieser größere Kontext im Antrag der Grünen-Fraktion ebenso wie die Forderung, dass die Bundesrepublik sich endlich dauerhaft an den Aufnahmeprogrammen für registrierte Flüchtlinge des UNHCR beteiligt. Immer neue ad-hoc-Maßnahmen wie die Aufnahme der irakischen Flüchtlinge aus Syrien oder nun der iranischen Flüchtlinge aus der Türkei sind nicht ausreichend. Statt dessen fordert DIE LINKE die Einrichtung eines ständigen Aufnahmemechanismus. Dem Antrag der Grünen stimmen wir dennoch zu.
(Die Rede wurde zu Protokoll gegeben)