In der Bundesregierung tobt ein heftiger Streit über die Verlängerung der Gültigkeit des Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes (TBEG). Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) möchte die bis Jahresende befristeten Vorschriften allesamt weiterführen, das FDP-geführte Justizministerium fordert hingegen eine Einzelprüfung aller Normen. Nun hat sich die SPD zu den Vorstellungen der Union bekannt. Innenexperte Dieter Wiefelspütz kritisierte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als »fundamentalistisch« und behauptete, die FDP entwickele sich zunehmend zu einem Sicherheitsrisiko, schrieb die Mitteldeutsche Zeitung (Freitagausgabe). Die Sozialdemokraten boten der Union an, gemeinsam die sogenannten »Otto-Kataloge« zu verlängern. SPD und Grüne hatten die Gesetze nach dem 11. September 2001 unter dem damaligen Bundesinnenminister Otto Schily verabschiedet und damit den deutschen Geheimdiensten so viele Befugnisse wie nie zuvor gegeben.
Von der FDP sind jedoch mehrere Bestimmungen des TBEG in Frage gestellt worden. Den Militärischen Abschirmdienst (MAD) wollen die Liberalen ganz abschaffen. Auskünfte der Luftfahrtunternehmen an den BND oder den Verfassungsschutz über Flugreisen soll es nicht mehr geben. Die bestehenden Befugnisse gegenüber Banken sollen auslaufen, und einer Neueinführung von Abfragen zu den »Kontostammdaten« widerspricht die FDP. Die Liberalen lehnen es auch ab, daß die Dienste auf sogenannte Vorratsdaten über die Telekommunikation Zugriff bekommen. Dasselbe gilt für Informationen über Rechtsgeschäfte, die unter Nutzung eines Telemediums durchgeführt werden, etwa bei einer Ebay-Versteigerung. Schließlich möchte die FDP den »kleinen Lauschangriff« abschaffen; darunter versteht man die Verwendung von Wanzen zur »Eigensicherung« von Beamten bei einem Einsatz. Zusätzlich verlangen die Liberalen eine bessere parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste und mehr Auskunftsansprüche für die Bürger. Dieser Forderungskatalog wird von der CDU/CSU als Provokation empfunden und bisher strikt abgelehnt. Unionspolitiker sprachen davon, die Justizministerin solle »ihren grundrechtlichen Phantomschmerz in den Griff bekommen«. Die Innenminister der Länder unterstützten diese Position am Wochenende bei einer Tagung in Berlin und bekräftigten, daß das TBEG weiterhin nötig sei.
Im Juni soll es zu weiteren Verhandlungen innerhalb der Koalition kommen. Innenminister Friedrich drängt auf eine Entscheidung noch vor der Sommerpause. Als Kompromiß hat er am Freitag angeboten, die alten Schily-Bestimmungen nicht unbefristet, sondern zunächst noch einmal für einige Jahre befristet zu verlängern.