CDU/CSU und SPD nutzten die Innenministerkonferenz (IMK)der Länder am Mittwoch in Frankfurt am Main, um zu demonstrieren, daß sie gemeinsam für eine konservative Law-and-order-Innenpolitik stehen. In einer informellen »großen Koalition« forderten die der Union und der SPD angehörenden Innenminister der Länder, die sogenannten Antiterrorgesetze zu verlängern. Das »Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz«, das den Geheimdiensten eine Fülle von Eingriffsmöglichkeiten wie Auskunftsansprüche gegenüber Fluggesellschaften und Telekommunikationsunternehmen gibt sowie den Einsatz von »Wanzen« regelt, läuft großenteils in einem halben Jahr aus.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wehrt sich bisher noch gegen eine pauschale Verlängerung und streitet darüber seit Wochen mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Dieser erhielt nun durch den Beschluß der IMK Rückendeckung. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) betonte: »Das ist jetzt Aufgabe der Bundeskanzlerin, die hat die Richtlinienkompetenz und muß ein Machtwort sprechen.« Bürgerrechtler befürchten, daß sich bei einem noch vor der Sommerpause geplanten Treffen der Spitzen der Koalition nunmehr die CDU/CSU bei der inneren Sicherheit durchsetzt und die FDP einknicken wird.
Ebenso erhöhten die Innenminister mit einem einstimmigen Beschluß den Druck auf die FDP, einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zuzustimmen. Das Bundesjustizministerium widerspricht bisher einer anlaßlosen Speicherung der Telekommunikationsverbindungsdaten. Die SPD-Innenminister Ralf Jäger (NRW) und Reinhold Gall aus Baden-Württemberg machten dagegen den Vorschlag, alle Telekommunikations- und Internetdaten auch ohne konkreten Verdacht wieder sechs Monate lang zu speichern.
Da in beiden Ländern (NRW und Ba-Wü) die Grünen mit der SPD regieren, kritisierte die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz, daß die Grünen den Vorstoß der beiden SPD-Innenminister nicht verhindert hätten. Diese würden sich damit zum »Steigbügelhalter für eine erneute anlaßlose Massendatenspeicherung« machen. Ohne auf den konkreten Vorwurf einzugehen, erklärte Grünen-Chefin Claudia Roth, es gebe keinerlei Anhaltspunkte, daß durch die Vorratsdatenspeicherung »nennenswerte Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung oder der Terrorismusabwehr erzielt werden können«.
Mehrere Flüchtlingsorganisation wie Pro Asyl und der Hessische Flüchtlingsrat verlangten von den Innenministern vergeblich ein Votum für ein sofortiges Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge aus tunesischen Lagern entlang der libyschen Grenze. Auch die Linkspartei erhob dieselbe Forderung. In deren Presseerklärung hieß es: »Das Beispiel der afrikanischen Flüchtlinge, die im tunesischen Choucha und anderen Auffanglagern festsitzen, zeigt: Die EU-Staaten und insbesondere die Bundesrepublik müssen mehr tun, um Flüchtlinge unmittelbar aufzunehmen. Ihnen die lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer zuzumuten, widerspricht grob den Zielen des internationalen Flüchtlingsschutzes.« Daß dieses Thema in der Tagesordnung der Innenminister nur unter dem Stichwort »Kostenverteilung« auftauche, spricht nach Ansicht der Linken für sich. Der Bundesinnenminister stimme erneut nur die alte Leier an, wonach das Boot voll sei. Es gehe aber um den »individuellen Schutzbedarf der Flüchtlinge«.
Der Vorschlag aus Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg, ein neues NPD-Verbotsverfahren zu prüfen, scheiterte unter anderem am sozialdemokratischen Innenminister Jäger. Er will wie andere Ressortkollegen weiterhin die V-Leute in der NPD nicht »abschalten«.