Das vom ihm herausgegebene Buch »Die Tabus der bundesdeutschen Presse« kostete ihm 1971 vorübergehend seine Stellung als Münchner Korrespondent der Frankfurter Rundschau. Deren Verleger und Chefredakteur Karl Gerold sah durch einzelne Beiträge in dem Sammelband die »gemeinsame Vertrauensbasis« als zerstört an. »Ihre Kritik bewegt sich im Rahmen des gegebenen Systems« hatte einer der Autoren der FR unterstellt und deren Wirtschaftsredakteur Kurt Simon als »publizistischen Unternehmensberater« abqualifiziert.
Diese Äußerungen anderer Autoren könnten dem Herausgeber Spoo nicht angelastet werden, befand das Frankfurter Arbeitsgericht. »Spoo kommt nicht mehr in Frage. Ich brauche ihn nicht«, tönte dennoch der FR-Chef nach dem Urteil gegenüber dem Spiegel. Eine Fehleinschätzung, denn bis zur Rente 1997 blieb Eckart Spoo Redakteur der damals noch liberalen Tageszeitung. Zumindest seine aus einer deutlich sozialistischen Perspektive geschriebenen Beiträge bewegten sich dabei keineswegs nur »im Rahmen des gegebenen Systems«.
15 Jahre lang führte Eckart Spoo den Vorsitz der Deutschen Journalisten-Union (dju) innerhalb der IG Druck und Papier. Dabei lag er am Schluß im Dauerstreit mit den beiden IG-Druck-Hauptvorstandsmitgliedern Erwin Ferlemann und Detlef Hensche, der ihn so aufrieb, daß er schließlich 1986 von seinem Vorstandsposten zurücktrat. Mittelpunkt der Kontroverse war die Frage, ob die Journalistengewerkschaft wieder in den als Selbstkontrollorgan der Branche dienenden Presserat eintreten sollte. Spoo hatte dies abgelehnt. Er hatte dem Presserat, der sich als Gremium »unabhängiger Persönlichkeiten« dünkte, selber einmal für die dju angehört und erkannt, daß es sich keineswegs um ein neutrales Gremium handelte. Als es 1976 zu Punktstreiks in der Druckindustrie kam, hatten Drucker und Setzer diffamierende Berichte darüber in Frankfurt und Hannover aus den Zeitungen genommen. Der Presserat rügte diese Affäre der »weißen Flecken« als Fall von Zensur, doch drei seiner Mitglieder distanzierten sich mit einem Minderheitenvotum von diesem Schulterschluß mit den Verlegern: unter ihnen Eckart Spoo und auch Detlef Hensche.
Als Spoo 1997 die Frankfurter Rundschau endgültig verließ, hatte er endlich die Zeit, sich einen publizistischen Traum zu erfüllen. »Es muß doch in dieser verdämmerten Republik jemanden geben, für den Ossietzky noch eine Meßlatte ist« – dieser Überzeugung waren Eckart Spoo und Otto Köhler, als sie 1997 im Neuen Deutschland ihre Absicht darlegten, unter dem Namen des Friedensnobelpreisträgers Carl von Ossietzky ein Nachfolgeblatt der von diesem einstmals redigierten Weltbühne erscheinen zu lassen. Ossietzky – der pazifistische, radikaldemokratische, sozialistische Publizist, den die Weimarer Republik für seine antimilitaristischen Enthüllungen ins Gefängnis steckte und die Nazis im KZ marterten, ist für Eckart Spoo Vorbild und Leitlinie zugleich. War die von Ossietzky geleitete Weltbühne ein Forum der radikaldemokratischen, bürgerlichen Linken der Weimarer Zeit, so sollte das neue Heft denjenigen in der Bundesrepublik eine literarische Heimat geben, die die Verteidigung der demokratischen Grundrechte mit der Utopie einer besseren Welt jenseits des bestehenden Kapitalismus zu verbinden suchen.
Einen »argumentativen Trommelwirbel« wollte die Zweiwochenschrift im von der Weltbühne geerbten Kleinformat mit dem charakteristischen roten Einband dem Kultur- und Sozialabbau in der Bundesrepublik entgegensetzen. Der Anspruch war dabei in Zeiten wiedererstarkenden Nationalismus, »über den Standort Deutschland und europäische Festungsgrenzen hinauszublicken« und angesichts eines von neokonservativen Ideologen verkündeten Endes der Geschichte das »Denken in historischen Zusammenhängen« zu pflegen. Die Nullnummer der von Eckart Spoo gemeinsam mit Rolf Gössner, Arno Klönne, Otto Köhler und mir herausgegebenen und regelmäßig von profilierten Autoren und Mitarbeitern wie Daniela Dahn und Dietrich Kittner unterstützten Ossietzky erschien am 21. Dezember – dem 62. Todestag von Weltbühne-Autor Kurt Tucholsky – und wurde anläßlich der Verleihung des Carl-von-Ossietzky-Preises im Berliner »Haus der Kulturen der Welt« verteilt.
Das »Denken in historischen Zusammenhängen« ist Eckart Spoo, der mit Thomas Mann den Antikommunismus für eine Grundtorheit hält, auch beim Umgang mit der DDR wichtig. Hohenschönhausen im Sommer 2006: Eckart Spoo, Daniela Dahn, eine US-amerikanische Studentin und ich besuchen die Gedenkstätte des ehemaligen MfS-Gefängnisses. »Viel dümmliche antikommunistische Propaganda«, so Eckart Spoos anschließendes Fazit in der Ossietzky. Schlimme Willkür, ungerechter Umgang mit Oppositionellen in der DDR; Methoden, die man sich nicht zurückwünscht, das sah Eckart Spoo durchaus in der DDR. Doch »sinnvoll realistisch könnten sie nur in einem Museum des Kalten Krieges dargestellt werden, das auch den westlichen Terror gegen die DDR, die vielfältigen Methoden zur Bekämpfung sozialistischer Ansätze thematisiert«. Historische Aufklärung müsse den Blick weiten und uns für heutige Bedrohungen der Menschenrechte sensibilisieren. Genau dies wird in Hohenschönhausen unter seinem Leiter Hubertus Knabe nicht getan. »Also schließen! Schleunigst! Schulklassen fernhalten!« so Eckart Spoos Fazit.
Dem Ziel des gleichberechtigten intellektuellen Austausches in ungezwungener Atmosphäre diente die allmonatliche »Republikanische Vesper«, zu der die Humanistische Union, die Internationale Liga für Menschenrechte, die Redaktion Ossietzky, der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein und die Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte einluden. Zu Brot und Käse, Wasser und Wein wurde sich über zeitpolitische Fragen ausgetauscht durch die sich wie ein roter Faden die Themen »deutsche Kriegspolitik« und »Verteidigung der Grundrechte« zogen.
Gleichgesinnte oder zumindest in wichtigen Punkten am gleichen Strang ziehende zusammenbringen – darin sind Eckart und seine persönliche und politische Weggefährtin Lydia Spoo groß. Die klugen Geister, die regelmäßig als Autoren in der Ossietzky vereint werden, legen ebenso Zeugnis davon ab wie Eckart und Lydia Spoos legendäre Silvesterfeiern, die Menschen vereinten, die sich nach gemeinsamem Streit und Kampf auch das gemeinsame Feiern nicht nehmen lassen wollten. Letztes Jahr feierten Eckart und Lydia Spoo, die zwei erwachsene Kinder haben, Goldene Hochzeit. Heute gibt es wieder etwas zu feiern. Eckart Spoo wird 75 Jahre jung. Herzlichen Glückwunsch!
erschien zuerst in junge Welt 19.12.2011