Vom 20. -22. Februar waren auch die 31 Abgeordneten Parlamentsfraktion der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) im Hungerstreik. Für mehrere Tage beteiligen sich daran jetzt auch sämtliche BürgermeisterInnen der 99 von der BDP regierten Kommunen sowie Gewerkschafter-Innen der Dachverbände KESK und DISK. Die Co-Vorsitzende der BDP, Gültan Kışanak, erklärte dazu: „In der Hoffnung, dass diese Aktionen den Weg für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage eröffnet, bekräftigen wir hiermit, dass wir unseren Kampf um Freiheit und Frieden fortsetzen werden. Es gibt keinen Zweifel daran, dass sowohl der demokratische Widerstand als auch die demokratische Opposition im Angesicht der wachsenden Repression zunehmen werden.“ In Strasbourg begannen 15 KurdInnen am Donnerstag dieser Woche aus Solidarität mit den politischen Gefangenen ebenfalls mit einen unbefristeten Hungerstreik vor dem Gebäude des Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT).
Die graue Eminenz der AKP, der Prediger Fethullah Gülen, hatte im Oktober 2011 zur Vernichtung der politisch tätigen KurdInnen aufgerufen. Seitdem ließ die Regierung Erdogan weitere 2.000 Menschen verhaften und spitzte den militärischen Konflikt mit der PKK unter Einbeziehung ziviler Opfer zu. Mehr als 41 ZivilistInnen starben in den letzten drei Monaten. Wiederholt setzt das türkische Militär Berichten zufolge, Chemiewaffen ein. Die Fälle von Folter (2011 mehr als 1.300) und extralegalen Hinrichtungen (2011 mehr als 30) haben in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen.
Es ist ein Trauerspiel, dass die Bundesrepublik und die EU eine Verteidigung von Menschenrechten immer dann ausblenden, wenn es um eigene Interessen geht. Der Grund hierfür in Bezug auf die kurdische Frage sind wirtschaftliche, militärische und strategische Ziele in der Region Mittlerer Osten. Es geht um die Sicherung der Ressourcen Öl, Gas und Wasser sowie um die Rolle der Türkei als „Energiedrehscheibe“ für die Region und als NATO-Partner mit der zweitgrößten Armee des militärischen Bündnisses.
Wir sind solidarisch mit den Forderungen der Hungerstreikenden. Nur ein Dialog zwischen sämtlichen beteiligten AkteurInnen – der türkischen Regierung, der BDP, der PKK sowie Abdullah Öcalan – kann in der kurdischen Frage zu einer friedlichen Lösung führen.
Deshalb fordern wir die türkische Regierung auf, ihre auf Eskalation der Gewalt beruhende Politik zu beenden. Sämtliche politischen Gefangenen, einschließlich Abdullah Öcalan, müssen freigelassen werden, damit sofort mit einem Friedensdialog begonnen werden kann.
Die Bundesregierung ist gefragt, entsprechenden politischen Druck auf die türkische Regierung zu entfalten. Gleichzeitig muss die Repression gegen politische tätige KurdInnen in Deutschland beendet werden. Die Ermächtigungen des Justizministeriums für § 129b-Verfahren gegen KurdInnen müssen zurückgenommen werden. Das PKK-Verbot gehört abgeschafft.
UnterzeichnerInnen:
Heidrun Dittrich, Mitglied des Bundestags (MdB), Die Linke
Andrej Hunko, MdB, Die Linke
Ulla Jelpke, MdB, Die Linke
Ingrid Remmers, MdB, Die Linke
Harald Weinberg, MdB, Die Linke
Ali Atalan, Mitglied des Landtags (MdL) NRW, Die Linke
Bärbel Beuermann, MdL NRW, Die Linke
Barbara Cárdenas, MdL Hessen, Die Linke
Cansu Özdemir, Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft, Die Linke
Marion Padua, Stadträtin Nürnberg, Linke Liste
Yilmaz Kaba, Landesvorstand Die Linke Niedersachsen
Martin Dolzer, Soziologe
Prof. Dr. Werner Ruf – Friedensforscher