Rede zu TOP 27 der 162. Sitzung des 17. Deutschen BundestagesErste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus> Drucksache 17/8672 < Anrede, Der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf hat den Anspruch, einen Beitrag für eine verbesserte Bekämpfung des Rechtsextremismus zu leisten. Einem solchen Ziel würde DIE LINKE jederzeit zustimmen - wenn es denn ernst gemeint wäre. Doch leider handelt es sich bei dem Antrag um puren Aktionismus - ja schlimmer noch: um Etikettenschwindel. Die Bundesregierung will eine weitere Verbunddatei von Polizei und Geheimdiensten. Im Klartext: ausgerechnet jene Sicherheitsdienste sollen gestärkt werden, die so schmählich versagt, und in einigen Fällen offenbar sogar mit der Naziszene gekungelt haben. Für so ein Täuschungsmanöver ist DIE LINKE nicht zu haben! Anrede, Wir sollen einer Ausweitung der Kompetenzen der Sicherheitsbehörden zustimmen, ohne dass wenigstens ansatzweise deren doch sehr zweifelhafte Rolle gegenüber den Naziterroristen des NSU aufgeklärt wurde. Das ist schon ganz schön dreist! Richtig wäre doch: Erst arbeiten wir das auf. Dafür wurde schließlich ein Untersuchungsauschuss eingesetzt. Und dann entscheidet das Parlament, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind und ob wir eine neue Datei brauchen. Aufzuklären wäre dringend: Wie war das mit der unseligen Allianz zwischen V-Leuten und Neonazis? Inwiefern haben sich die Sicherheitsbehörden im letzten Jahrzehnt mit den Naziterroristen beschäftigt, was wurde versäumt, oder gar vertuscht? Die Öffentlichkeit, die Angehörigen der Nazimordopfer, haben hier einen Anspruch auf Transparenz. Aber hier mauert die Bundesregierung. Wir haben all diese Fragen erst vor wenigen Wochen in einer Kleinen Anfrage gestellt. Es gab keine Antwort. Nicht einmal in der Geheimschutzstelle dürfen wir Einsicht nehmen. Die Begründung der Bundesregierung: Das Staatswohl gebiete, dass niemand weiß, was Polizei und Geheimdienste in der Vergangenheit in Sachen Nazimörder unternommen haben. Das ist doch eine Verhöhnung des Parlaments! Die geplante Verbunddatei folgt dem Modell der bereits bestehenden Anti-Terror-Datei. Schon diese wurde von der LINKEN abgelehnt, denn sie verstößt gegen den Grundsatz der Trennung von Polizei und Geheimdiensten. Beide Dateien kranken an den viel zu schwammig definierten Kriterien, welches Verhalten von Personen eigentlich zur Speicherung führt. Bei der Nutzung der Daten nun auch zu Recherche- und Analysezwecken gehen die Befugnisse der Behörden weit über die bisherige Anti-Terror-Datei hinaus, die offiziell der Strafverfolgung und Prävention dient. Diese Erweiterungen sollen rückwirkend auch in die Antiterrordatei übernommen werden. Es ist schon ungeheuerlich: die Nazimorde werden nun dafür instrumentalisiert, alte Unions-Forderungen durchzusetzen, die bislang an den anderen Fraktionen scheiterten. Und der Innenminister hat noch weiterreichende Pläne. Auf die Frage der FAZ vom 23. Januar, ob man nach Dateien zu Islamisten und Nazis nicht auch eine Datei über „gewaltbereite Linksextremisten“ benötige, antwortete Friedrich: „Sie haben recht mit Ihrem Hinweis. Sie brauchen keine Angst zu haben. Wir werden auch den Kampf gegen den Linksextremismus verstärken.“ Das zeigt doch deutlich, wohin die Reise geht: die Ausweitung der bisher auf den sogenannten Islamistischen Terror beschränkten Datei zuerst auf den Rechtsextremismus – doch dann weiter zu einer umfassenden Verdächtigen- und Gesinnungsdatei, in der Polizisten und Geheimdienste nach Belieben schnüffeln können. Dieser Tendenz einer undemokratischen Zentralisierung und Verschmelzung von Polizei und Geheimdiensten wird mit einer neuen Verbunddatei weiter Vorschub geleistet – und eine solche Aufweichung der Verfassung lehnen wir ab. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Im Gegensatz zu manch anderer Fraktion hier im Haus ist DIE LINKE immer schon kompromisslos gegen Nazis gestanden! Aber unser Kampf gegen den Rechtsextremismus ist ein Kampf FÜR und nicht gegen die Grundrechte! Meine Damen und Herren, wenn die Regierung es ernst meinen würde mit der Bekämpfung des Rechtsextremismus, dann müsste sie erst einmal die Öffentlichkeit darüber informieren, was die Gremien von Bund und Ländern bislang auf diesem Gebiet geleistet haben. Sie müsste zugeben, dass oft der politische Wille gefehlt hat, die bestehenden gesetzlichen Instrumentarien energisch genug gegen Neofaschisten einzusetzen. Und sie müsste endlich die unsäglichen V-Leute des Verfassungsschutzes aus der NPD abziehen. Blockieren Sie nicht länger ein Verbot dieser Nazipartei!
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