Demokratisch nicht kontrollierbare Geheimdienste sollen künftig über die Gemeinnützigkeit von Vereinigungen entscheiden. Das sieht der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2013 vor. Zahlreichen von den Verfassungsschutzämtern des Bundes und der Länder als »extremistisch« eingestuften Vereinigungen wären in ihrer Existenz bedroht, wenn ihre steuerliche Begünstigung entfiele und Spenden an sie nicht mehr absetzbar wären.
Schon früher wurde von den Verfassungsschutzberichten genannten Vereinen durch Finanzämter die Gemeinnützigkeit entzogen. Seit 2009 war dieses bislang informelle Vorgehen gesetzlich geregelt in Paragraph 51 der Abgabenordnung. Offiziell diente diese von der großen Koalition aus Union und SPD durchgewunkene Regelung der Bekämpfung des Neofaschismus – doch betroffen war auch die in mehreren Landesverfassungsschutzberichten als »linksextremistisch« diffamierte Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA). Aufgrund öffentlicher Proteste korrigierte das Mainzer Finanzamt vor einigen Monaten diese Entscheidung.
Kommt die Neuregelung durch, dann wäre in einem solchen Fall weder eine Ermessensentscheidung des Finanzamtes möglich, noch stünde der betroffenen Vereinigung der Rechtsweg durch eine Klage vor dem Finanzgericht offen. Unter Mißachtung der Gewaltenteilung wie auch des Föderalismus soll dann bereits die Auflistung in einem von 17 Verfassungsschutzberichten von Bund und Ländern zwingend zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen. Gestrichen werden soll dafür im Gesetz nur das Wörtchen »widerlegbar«, so daß die bisherige Möglichkeit zur Entlastung einer gelisteten Organisation durch Beweislastumkehr entfiele. Nur noch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Geheimdienstlistung stände den Betroffenen dann noch offen. Wie mühsam das ist, zeigt das Beispiel der Antifaschistischen Informations- und Dokumentationsstelle AIDA aus München. Die wird seit 2008 vom bayerischen Verfassungsschutz als »linksextremistisch« gelistet und verlor deshalb ihre Gemeinnützigkeit. Obwohl der Verwaltungsgerichtshof im Jahr 2010 diese Einstufung aus Mangel an stichhaltigen Beweisen für unrechtmäßig erklärte, muß AIDA weiter gegen die bis heute andauernde Nennung in nachfolgenden VS-Berichten klagen – die Gemeinnützigkeit bleibt dabei weiterhin aberkannt.
Kürzlich hat ein sächsisches Gericht die Extremismusklausel für unrechtmäßig erklärt. Mit dieser verpflichtet die Bundesregierung bürgerschaftliche Projekte gegen Rechtsextremismus im Falle einer öffentlichen Förderung zur Überprüfung der Verfassungstreue ihrer Kooperationspartner. Gelernt hat die Bundesregierung aus dieser Rüge offenbar nichts, wenn sie jetzt die Rolle des Verfassungsschutzes als steuerrechtlicher Zensor ihr politisch unliebsamer Vereinigungen weiter stärken will.