Katharina Schwabedissen und Katja Kipping haben erklärt, als Team für die Führung der Partei Die Linke zu kandidieren. Mit diesem »dritten Weg« einer weiblichen jungen Doppelspitze soll die Führungsfrage aus der Sackgasse kommen. Nach Oskar Lafontaines überaus bedauerlicher Entscheidung, nicht wieder auf Bundesebene aktiv zu werden, unterstütze ich ausdrücklich diese Konzeption, die neuen Wind in die Partei bringen soll. Ich verknüpfe eine solche Unterstützung aber mit dem Wunsch oder vielmehr der Forderung an eine zukünftige Parteiführung, sich für die Umsetzung des Erfurter Programms einzusetzen. Dieses Programm mit seiner antikapitalistischen Stoßrichtung, seiner klaren Antikriegsposition und seinen (wenn auch zuletzt abgeschwächten) roten Linien für linke Regierungsbeteiligungen wurde im vergangenen Jahr strömungsübergreifend von einer übergroßen Mehrheit angenommen. Damit verband sich die Hoffnung, daß dieses Programm nicht lediglich für Sonntagsreden oder gar den Papierkorb beschlossen wurde, sondern der Partei als Zielbestimmung und Leitfaden für die Praxis dienen soll.
Eine weibliche, junge Doppelspitze ist kein Allheilmittel. Denn die Differenzen in der Partei sind keine zwischen jung und alt, zwischen Frauen und Männern, zwischen West und Ost. In Wirklichkeit handelt es sich um politische Differenzen zur zukünftigen Ausrichtung der Partei. Es geht um die Frage des Verhältnisses zur SPD als Konkurrentin oder möglicher Partnerin eines Reformprojektes, es geht um die Frage der Überwindung des Kapitalismus oder um seine soziale Verwaltung, es geht um die strategische Orientierung auf außerparlamentarische Bewegungen oder Parlamente, und nicht zuletzt um die Konzepte »bundesweite Linkspartei« versus »ostdeutscher Regionalpartei«.
In ihrer ersten Bewerbung zur Kandidatur haben es Katharina Schwabedissen und Katja Kipping versäumt, auf Inhalte einzugehen. Sie versprechen, die teilweise auch von ihnen repräsentierten Widersprüche fruchtbar machen zu wollen. Doch weder benennen sie diese konkret, noch machen sie deutlich, welche Politik sie mit welchen konkreten Kräften innerhalb (und außerhalb) der Partei umsetzen wollen. Die von Dietmar Bartsch repräsentierte Politik von Hinterzimmerstrippenzieherei bei gleichzeitigem Schmusekurs mit der SPD steht nicht für eine erfolgreiche Linkspartei, sie steht für den Nichteinzug der PDS in den Bundestag 2002 und dafür, daß die PDS bzw. Die Linke in Koalitionen im Osten fast unsichtbar wurde – und schließlich deutliche Stimmeneinbußen hinnehmen mußte. Ich erwarte von einer künftigen Doppelspitze, daß sie auf klare Distanz zu einer solchen Politik geht.
Eine Doppelspitze aus Katharina Schwabedissen und Katja Kipping kann und darf nicht im luftleeren Raum agieren. Ein solcher Vorstand muß vielmehr ergänzt werden durch Genossinnen und Genossen, die in besonderem Maße jene Politikfelder repräsentieren, die Die Linke als Alleinstellungsmerkmal führen will. In dem bisherigen Vorschlag eines Führungsteams sehe ich solche Genossinnen und Genossen nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Um das soziale und widerständige Profil zu betonen, sollten dies insbesondere Personen aus dem gewerkschaftlichen Bereich und der dezidierten Antikriegspolitik sein sowie solche, die für eine deutliche Kritik am EU-System mit seinen ganze Volkswirtschaften ausplündernden Bankenrettungsschirmen stehen.
Wenn es gelingt, eine solche Führung auf fester Grundlage des Erfurter Programms und unterstützt von der Mehrheit der Partei zu bilden, wäre dies ein erster Schritt aus der momentanen Krise der Partei Die Linke.